Vorbemerkung Um frühzeitige Erschöpfungs- oder Abnutzungserscheinungen ihrer Klient*innen zu verhindern, unterscheiden Trainer im Leistungs-Sport zwischen „intrinsischer“ – und „extrinsischer“ Motivation. Intrinsische Motivation bedeutet: aus innerem Antrieb, aus Freude und innerem Bedürfnis. Als extrinsisch wird eine Motivation bezeichnet, die mehr auf Anerkennung von Angehörigen und Bekannten ausgerichtet ist. Diese Unterscheidung ist praktisch wichtig, denn frühzeitige Erschöpfungszustände oder Abnutzungserscheinungen treten gehäuft auf bei extrinsischer Motivation! Die Betroffenen neigen dazu, die schützenden „Warnsignale“ ihres Körpers zu ignorieren.
Intrinsisches Energieprogramm Nur durch die Erfahrung der bedingungslosen Liebe durch die Eltern kann ein Kind einen intrinsischen Selbstwert entwickeln, verbunden mit dem Bewusstsein eines SELBST, dass seinen Wert in sich (intrinsisch) hat – unabhängig von Anerkennung durch die anderen, die durch Leistung oder Gehorsam erworben wird. Verbunden mit dem eigenen Selbst kann kann der Betroffene sein Leben selbst-bestimmt leben. Statt sich in seinem Verhalten ausschliesslich nach den Erwartungen oder Anforderungen Anderer zu orientieren, ist er sich seiner eigenen Bedürfnisse und Interessen bewusst, und kann diese bei seinen Entscheidungen berücksichtigen, soweit wie möglich. Das ermöglicht ihm die Erfahrung, handlungsfähig, selbstwirksam zu sein, das steigert sein Selbstvertrauen und seine Selbstachtung, und hilft ihm dabei, sich immer mehr nach den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen zu orientieren. Er wird authentisch. Das macht ihn anziehend. Zwischen zwei authentischen Personen kann eine Beziehung entstehen durch gegenseitige Anziehung – statt durch gegenseitige Abhängigkeit. Dann können beide ihr Herz öffnen, um echte Liebe zu geben und zu nehmen, d.h. ohne Bedingungen, ohne Erwartungen. Das nennen wir die intrinsische Energie: Das Glück selbstbestimmt leben zu können und die Erfahrung, bedingungslose Liebe geben und empfangen zu können, geben dem Leben Sinn – unabhängig von Leistung, Besitz und Konsum.
Machtmissbrauch und Extrinsischer Energieprogramm In unserer Gesellschaft jedoch ist Anerkennung und Wertschätzung an Leistung und Bereitschaft zu Unterordnung (Gehorsam) gebunden. Das ist die Folge eines Jahrhunderte – nein Jahhrtausende währenden Macht-Missbrauchs der „Eliten“. Bis vor 300 Jahren waren 90% unserer Vorfahren Leibeigene. Nur eine kleine Minderheit, die „Herren“ durften Land besitzen: der Adel und der Klerus. Die Leibeigenen waren rechtlos. Nur wenn sie das Land der Herren bewirtschafteten konnten sie überleben. Und die Doktrin, die sie dazu motivierte, „in Freuden zu dienen und zu leiden“, lieferte die Kirche, die selber davon profitierte. Leibeigenschaft ist inzwischen abgeschafft. Aber die damit verbundene kollektive Traumatisierung im Sinne einer Selbstentfremdung, und das dadurch erzeugte „extrinsische“ Energiesystem wirken unverändert weiter. Daher glauben viele Eltern, sie müssten ihre Kinder zu Gehorsam und Leistung erziehen, um ihren Kindern einen Platz in der Gesellschaft zu ermöglichen. Da viele Eltern sich selber „über Leistung“ definieren, haben sie kein Bewusstsein eines eigenen, „wahren“ Selbst, unabhängig von Leistung. Dann können sie auch das wahre Selbst ihres Kindes nicht wahrnehmen oder gar achten. Wenn sie selber keine bedingungslose Liebe erlebt haben, können sie auch ihrem Kind keine bedingungslose Liebe schenken. Dann wird Erziehung zur Dressur. Kinder lernen: Sie bekommen nur dann Zuwendung und Anerkennung – sie sind nur dann etwas „wert“ – wenn sie gehorchen und etwas leisten. Daher lernen sie, ihr „Wahrnehmungsantennen“ einseitig nach Aussen zu orientieren, um die Erwartungen, Bedürfnisse anderer besser wahrnehmen und erfüllen zu können. Die eigenen Bedürfnisse und Überzeugungen werden unterdrückt, so als würden sie stören, oder als seien sie falsch, „egoistisch“. Diese „Dressur“ zu Leistung und Gehorsam macht sie dafür geeignet, sich für fremde Interessen einsetzen (benutzen) zu lassen, als Arbeiter oder Angestellte.
Kollektive Selbst-Entfremdung Getrennt von ihrem Selbst bleibt ihnen das Glück eines selbstbestimmten Lebens verwehrt. Diesen Mangel versuchen sie zu kompensieren durch die Surrogate Konsum und Besitz. Doch da diese Surrogate nicht wirklich satt machen, müssen sie die Dosis steigern – wie bei einer Droge, die süchtig macht. Getrennt von ihrem Selbst fühlen sie sich selber oft nicht wert, bedingungslos geliebt zu werden – obwohl auch sie ein grosses Bedürfnis nach Liebe haben. Dann versuchen sie vielleicht, „Liebe“ zu verdienen, durch Leistung, durch Geschenke. Aber diese „Liebe“ hat einen schalen Beigeschmack – sie ist nicht echt und spontan, sondern gekauft. So geraten sie in den „extrinsischen“ Energie-Modus. Dieser Modus ist Folge unseres Gesellschaftssystems, zugleich ist er der „Motor“ der das Wachstum unserer Wirtschaft aufrecht hält. Indem Menschen gezielt ihr „intrinsischer“ Selbstwert abgesprochen wird, sodass sie bereit sind, sich benutzen und ausbeuten zu lassen. Indem Konsum propagiert wird, um den fehlenden „intrinsischen“ Selbstwert zu kompensieren – den dies System täglich neu verursacht.
Es gibt ein Bonmot, dass diese Zusammenhänge auf den Punkt bringt: Werbung bewirkt, dass Menschen Dinge kaufen, die sie selber – und die Beschenkten – nicht wirklich brauchen, und dass sie deshalb bereit sind, eine Arbeit zu machen, die ihnen gar nicht gefällt. Die aktuellen Krisen machen auch dem letzten deutlich, wie zerstörerisch dies System ist: da nur eine Minderheit dabei profitiert – auf Kosten der Anderen – führt es zu Spaltung, zu sozialen Unruhen. Und für den Profit einer Minderheit hat dieses System gnadenlos Völker, Kulturen ihren Traditionen entfremdet, ausgebeutet, und zerstört. Dies System hat die Ressourcen dieses Planeten geplündert und das Klima zerstört. Und immer noch gibt es Menschen, die dies System rechtfertigen – anscheinend glauben sie, weiterhin profitieren zu können, an ihrem eigenen Untergang? Die Politiker, die die Fehlentwicklungen der letzten 3 Jahrzehnte verursacht haben – wieder besseres Wissen! – sollten dafür zur Verantwortung gezogen werden. Doch statt Einsicht zu zeigen, haben sie die Unverfrorenheit, zukunftsorientierte Strategien zu diffamieren, und deren Vertreter als „Verzichtsapostel“ zu beschimpfen.
Wechsel zu einem intrinsischen Energie-Programm Um das Klima zu schützen, ist die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien unvermeidbar. Auch im seelischen Bereich scheint mir eine Umstellung des hier beschriebenen „extrinsischen“ Energieprogramms auf ein „intrinsisches“ Energie-Programm dringend erforderlich.
Das würde zu einen Wandel unseres Wirtschafts-und Gesellschafts-Systems führen. • Statt Orientierung am kurzfristigen Profit einer Minderheit Orientierung an „einer Zukunft für Alle“. • Weniger Konsum mit immer neuen kurzlebigen Produkten, die Geld (selbst-entfremdende Arbeit) und Ressourcen verschwenden. • Statt dessen weniger, aber dafür an realen Bedürfnissen orientierte Produkte, mit langer Lebensdauer. Das schont Ressourcen und den Geldbeutel, und mindert die Arbeitszeit. • In Familien, in Schulen und Hochschulen mehr Respekt für den „intrinsischen“ Selbstwert , besonders der Kinder und der Frauen. So wird mehr Autonomie und Selbst-Bestimmung gefördert. Das macht Menschen kreativer und zufriedener und glücklicher. • Selbst-bestimmte Menschen können besser wahrnehmen, was für eine gesunde Zukunft wirklich wichtig ist, und danach ihr Wahlrecht ausüben – anstatt sich in einem vorauseilenden Gehorsam an den Autoritäten der Vergangenheit zu orientieren, oder sich von Populisten und Verschwörungstheoretikern beeinflussen zu lassen.
Nur dann kann Demokratie funktionieren! Nur so kann ein Rückfall in autoritär-nationalistisches Denken und Handeln verhindert werden.
Ich halte mich an Ibn Arabi: Im Leben gibt es nur zwei Dinge zu tun, das Notwendige und das Unmögliche.
IBN ARABI (1165-1240) war ein andalusischer Philosoph und Sufi-Mystiker. Unter anderem ging er von einer „Einheit des Seins“, das heisst von einer körperlichen Einheit zwischen Schöpfer und Schöpfung aus. Damals waren die monotheistischen Religionen bereits sehr verbreitet: ein allmächtiger (Männer-) Gott habe angeblich die ganze Welt geschaffen.
Dies Narrativ wurde von den Mächtigen instrumentalisiert, um ihre Macht zu vergrössern und um sie ungestraft missbrauchen zu können, bis heute. "Die Menschen sind eine verwirrte Spezies. Sie glauben an einen (männlichen!) allmaächtigen Gott, von dem sie behaupten er habe die Erde erschaffen. Gleichzeitig zerstören sie die Erde, die uns alle hervorgebracht hat, die uns trägt und nährt, bedingungslos." Ibn Arabi wagte es das in Frage zu stellen. "Körperliche Einheit zwischen Gott und Schöpfung" - Das bedeutet: in jedem Geschöpf ist ein „göttlicher Funke“ sein „Selbst“ (C.G. Jung). Dies Wissen der frühen Menschengruppen – Nomaden und ihre Schamanen – hat sich bei den Mystikern aller Religionen erhalten. An dies Wissen knüpfen wir heute wieder an.