Frühes Beziehungstrauma und Überlebensstrategien Bei der Bearbeitung früher Beziehungstraumen mit der Aufstellungsmethode beobachten wir regelmässig folgende Phänomene:
Ein Kleinkind ist bedürftig und hilflos, abhängig von Eltern, die meist selber traumatisiert sind. Dies Machtgefälle gehört zu seiner Realität, auf die es sich einstellen muss, um zu überleben. Ein gesundes Selbstbild mit einem „intrinsischen“ Selbstwert konnte es zwar nicht entwickeln. Um dennoch in diesem traumatisierenden Umfeld zu überleben, entwickelt das Kleinkind bemerkenswerte Fähigkeiten, sein Selbstbild und sein Verhalten an diese traumatisierende Realität anzupassen. Dies Überlebens-Selbst kann so widersprüchliche Aspekte enthalten wie negativer Selbstwert und vorauseilende Selbst-Erniedrigung einerseits und Tendenzen zu magisch-grandioser Selbst-Überhöhung andrerseits. Obwohl Selbstbild und Verhalten in sich widersprüchlich sind („brüchiges Selbstwertgefühl“) und schon gar nicht mit ihrem eigenen Wesenskern mit seinem „Selbst“ vereinbar (kongruent) sind, identifizieren sich die Betroffenen unbewusst mit dem Trauma und mit den damaligen Überlebensstrategien, so als sei das ihr eigentliche Identität. Individuelle Folgen: Verwirrung und Krankheit So werden Trauma und Überlebensstrategien gespeichert, und zwar im limbischen System, und bestimmen Selbstbild und Verhalten des Erwachsenen. An diesem unbewussten Vorgang sind mehrere Faktoren beteiligt: Konditionierung durch Trauma, unbewusste „Loyalität“ mit dem Kollektiv der belasteten Herkunftsfamilie, und die Macht der Gewohnheit. Dies „falsche“ Überlebens-Selbst wird zum „Stressor“. Dieser Stress führt zu Erschöpfung, zu psychischer Verwirrung und macht somatisch krank.
Dies Überlebens-Selbst und die damit verbundenen symbiotischen Beziehungsmuster bewirken, dass die Betroffenen sich von belasteten Partnern angezogen fühlen, die den früheren Bezugspersonen ähnlich sind. So stellen sie unbewusst die toxischen Beziehungen von damals wieder her, offensichtlich in der Illusion, ihre Überlebensstrategien da erfolgreich anwenden zu können. Bzw. sich da besser auszukennen, als bei unbelasteten Partnern. Wie in einem Teufelskreis kreieren die Betroffenen auf diese Weise weitere Stressoren, erzeugen eine „Stressorkaskade“ (Thomas Hensel, Stressorbasierte Therapie). Eine Negativspirale die auf der individuellen Ebene nicht selten zu psychiatrischen Störungen führt: Depression, Sucht, Psychose.
Kollektive Folgen: Realitätsverlust und Selbstzerstörung Diese Dynamik ist in unsere Gesellschaft so verbreitet, dass sie vielen schon als „normal“ erscheint. Sie wirkt selbst-verstärkend, denn sie ist die Voraussetzung für unser Gesellschafts- und Wirtschafts-System, das auf der Macht einer Minderheit (Herren) und auf Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen beruht, und wird zugleich durch dies System verstärkt. Die betroffenen schweigende Mehrheit trägt durch Ihre eigenen Tendenzen zu Selbst-Unterdrückung und Selbst-Ausbeutung unbewusst dazu bei, dass in der Gesellschaft das Machtgefälle aufrecht erhalten wird, das bereits ihre Kindheit bestimmt hat. Offensichtlich ist auch der kritische Blick auf die Realität getrübt, sodass mächtige Minderheiten ihre Interessen durchsetzen können, ungestört durch Kritik, auf Kosten der Allgemeinheit, auf Kosten von Natur und Klima. Erklärt diese Dynamik nicht auch die in der Gegenwart eskalierenden globalen Krisen?
Beispiel Energie- und Klima- Politik (Dazu zitiere ich Christian Stöcker (Spiegel, 26.6.22) „Wir haben uns politisch von Leuten in die falsche Richtung führen lassen, die mit dieser falschen Richtung viel Geld verdient haben. Von den Lobbyverbänden der Kohle-, Öl- und Gasbranchen, von den Lobbyverbänden gewisser Industrien, allen voran der Automobilindustrie.“ „Im Jahr 2000, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschiedet wurde, gab es in allen erneuerbaren Energiebranchen Deutschlands – einschließlich Wasserkraft, Geothermie und Biomasse – zusammen knapp 105.000 Arbeitsplätze. Bis 2011 vervierfachte sich diese Zahl fast, auf über 415.000. „Mit der Schwarz-Gelben Koalition ging es bergab.“ „Zukunftsjobs wurden kaputtreguliert, Vergangenheitsjobs vor jeder sinnvollen Regulierung geschützt und fleißig subventioniert. Dabei war längst klar, dass alle Volkswirtschaften dekarbonisieren müssen, und zwar schleunigst.“ „Während also ein Häuflein Vergangenheitsarbeitsplätze zugunsten der jährlich milliardenschwere Schäden anrichtenden Erlösmodelle von RWE, Leag und Co. geschützt wurden, radierte man parallel Zehntausende Zukunftsarbeitsplätze, die uns aus der Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas hätten befreien können, aus.“ „Die Verflechtungen zwischen der Politik und den Branchen, die direkt oder indirekt von der Herstellung von CO₂ aus fossilen Brennstoffen leben, sind umfangreich. Man kannte sich, man schätzte sich, man hörte aufeinander, man erzählte einander die immer gleichen Ausreden. Und verschloss die Augen vor der nahenden Klimakatastrophe und der Abhängigkeit von Autokraten.“ „Um ihre sehr speziellen Ziele zu erreichen, haben die Vertreter vieler Branchen jahrzehntelang gelogen, manipuliert, verzerrt, geschmeichelt und mit lukrativen Jobs für Leute aus der Politik gelockt. Das völlig verzerrte Bild der Arbeitsplätze in den Energiebranchen, das hierzulande noch immer vorherrscht, ist ein hervorragendes Beispiel, der Umgang mit dem Dieselskandal ein zweites.“
Für unser Überleben ist daher ein Wandel dieses Systems und eine Auflösung dieser Dynamik erforderlich. Die Profiteure dieses Systems missbrauchen ihre Macht und versuchen auch heute noch, die notwendigen Veränderungen als „Verzichts-Programm“ zu diffamieren. Und die „schweigende Mehrheit“ orientiert sich immer noch mehr an diesen Vertretern der Macht als an ihrer eigenen Einsicht und an ihren eigenen vitalen Zukunfts-Interessen. Diese Tendenz zu einer „vorauseilenden Unterwerfung“ ist seit langem sehr verbreitet und hatte bereits den Aufstieg Hitlers ermöglicht. Milgram hat in seinen bekannten Experimenten die Verbreitung dieses Phänomens eines „Autoritätsgehorsams“ nachgewiesen – sogar in den USA! Dabei vermutete er darin ein deutsches Problem! Er selber war von diesem Ergebnis schockiert, konnte es selber nicht verstehen und sah - bereits vor 60 Jahren! - darin eine Gefahr für die Zukunft der Menschheit!
Wenn wir überleben wollen ist daher ein Wandel unseres Bewusstseins erforderlich. Und der kann nur individuell, „von unten“ geschehen. Immer mehr Menschen haben das begriffen, schliessen sich mit Gleichgesinnten zusammen und suchen nach innovativen Gesellschafts - und Wirtschaftsmodellen. Auch dieses neue Konzept ist auf diese Weise entstanden, nicht in einer akademischen Institution sondern in einer Einzelpraxis.
Stressor-Auflösung durch Selbst-Integration Es handelt sich um ein innovatives therapeutisches Verfahren, das auch von Betroffenen selber angewendet werden kann. Ich verstehe es als Beitrag zu dem erforderlichen kollektiven Bewusstseinswandel. Weiter unten die Rückmeldung eines Therapeuten (Danke Max für die Erlaubnis zur Veröffentlichung!). Es zeigt den Gewinn an Lebensqualität, der dadurch erreicht werden kann, individuell, in Beziehungen und daher auch kollektiv.
Zur Methode: Die Klient*in macht durch eine Aufstellung mit Symbolen (auch online möglich) den bisher unbewussten Stressor mit seinen Anteilen sichtbar und bewusst. Durch gezielte Interventionen wird sie vom Leiter dabei unterstützt, die Stressor-Elemente als wesensfremd zu erkennen und aus ihrem „Identitätsraum“ zu entfernen. Das ermöglicht ihr wieder eine Verbindung mit ihrem Eigensten, mit ihrem wahren Selbst, auf dem ihr „intrinsischer Selbstwert“ beruht – unabhängig von Leistung, unabhängig von der Meinung anderer. Der Stress lässt nach, die Verwirrung macht einer Klarheit Platz, der Verstand kann wieder erfolgreich dazu benutzt werden, um Lüge von Wahrheit unterscheiden zu können, Gesundheitsstörungen können verschwinden. Dieser emotional bewegende Prozess ermöglicht der Klient*in weiter, die eigene Wut gesund an die richtige Adresse zu richten – statt destruktiv gegen sich oder andere. Diese Erfahrung von Selbstwirksamkeit weckt Lebensfreude Und das neue Bewusstsein für den eigenen Selbstwert öffnet ihr Herz für die Liebe eines anderen – statt „zu verhungern am gedeckten Tisch“. Und es öffnet auch ihr Herz für „Mutter“ Erde, die uns hervorgebracht hat, die uns trägt und nährt, bedingungslos. Aufstellungsbeispiele in unserem Youtube-Kanal, z.B. Max, eigene Existenz als Trauma Videolink https://youtu.be/OZLuWG3Fq8k
Die Wirkung ist rasch und nachhaltig Dazu eine Rückmeldung von Max nach einem Jahr mit mehreren Aufstellungen:
Mein Biorhythmus hat sich verändert, ich gehe früher schlafen und wache früher auf. Ich komme leichter in der früh aus dem Bett. Ich habe keine Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten mehr. Ich habe keine Alpträume mehr. Meine Frau sagt ich knirsche nicht mehr mit den Zähnen in der Nacht.
Ich esse kleinere Portionen. Meine Verdauung hat sich normalisiert. (Stuhlgang wieder fest ) Ich vertrage wieder Kuhmilch. Meine Allergien sind weg (Pollen, Blüten usw.), das war vor den Aufstellungen schon weniger geworden, aber jetzt seit den Aufstellungen ist es ganz weg. (auch keine geschwollenen Augen mehr usw.)
Meine Sehkraft hat sich verbessert. ( zwar nicht in der Höhe der Dioptrien aber wenn ich die Brille abnehme habe ich das Gefühl besser zu sehen) Meine Zähne sind weisser.
Mein Körper regeneriert sich schneller vom Training. Wenn ich das Gefühl habe nicht trainieren zu wollen, tue ich es auch nicht.
Meine Atmung hat sich verlangsamt, ich hatte früher oft eine sehr oberflächliche, schnelle Atmung. Mein Herz schlägt ruhiger und langsamer.
Mein Fußgewölbe hat sich verändert, ich fühle mich geerdet. Meine Körperhaltung hat sich verändert, ich gehe und stehe aufrechter.
Ich hab keine Höhenangst mehr Ich hab keine Angst vor spinnen mehr Auch einige Angstneurosen aus meiner Kindheit haben sich gleich mitverflüchtigt durch die Aufstellungsarbeit. Ich mache mir keine/weniger Sorgen. Ich nehme meine Kinder als meine Kinder wahr und meinen Sohn als meinen Sohn und nicht mehr als meinen Feind (wenn er mich triggert). Wenn er mich triggert bleibe ich ruhig, oder gehe auf ihn ein (ich sehe das du böse bist), oder manchmal sage ich dass es mir zu viel ist, und es nichts mit ihm zu tun hat. Ich fühle mich handlungsfähig.
Ich kann mich abgrenzen, ich übernehme nicht mehr die Emotionen anderer. Ich kann meine eigenen Emotionen ausdrücken und ohne schlechten Gewissen artikulieren.
Ich arbeite als Physiotherapeut in einer Einrichtung für behinderte Menschen, die Klienten dort nehmen mich ganz anders wahr, kommen zu mir, wollen bei mir sein, öffnen sich mir, nehmen die Therapie ganz anders an, sie spüren dass sich etwas in mir verändert hat.
Ich biete meine Hilfe an, und wenn der anderen nein sagt, fühle ich mich nicht mehr gekränkt, bzw. ich helfe nur mehr, wenn ich danach gefragt werde, und selbst dann kann ich jetzt sagen nein, es geht nicht bei mir! Und das ohne schlechtem Gewissen!
Mein Lebensstil hat sich meinem Selbst angepasst, und das ging ganz leicht, von selbst, ohne Aufwand, ohne Kraft, ohne Überlegungen (was könnte ich machen damit...) Zwar nicht von heute auf morgen, aber schleichend! Und das alles durch die Selbst-integrierende Stressoraufstellung !
Das Ausmass dieser Veränderungen bereits nach einem Jahr ist sehr bemerkenswert.
Schussfolgerungen für unser Gesellschafts-System und die aktuellen globalen Krisen
Mir scheint, dass diese frühen Beziehungstraumen – die wir Jahrhunderte lang mehr oder weniger übersehen, bzw. als „Erziehung“ verharmlost haben, die Voraussetzung waren für die „Segnungen“ unserer Zivilisation, die nur möglich waren durch diese Akkumulation von Macht bei einer kleinen Minderheit. Bei der Mehrheit finden wir – als Entsprechung für die Überlebens-Aspekte Selbstverleugnung und Grandiosität • eine Bereitschaft, sich bedingungslos zu unterwerfen und für fremde Interessen benutzen zu lassen: in den Betrieben als Lohnempfänger – aber auch früher in den Vernichtungsbetrieben des Holocaust!1 • verursacht durch die damit verbundenen frühen Versagungen und Kränkungen ein grandios-illusionärer Anspruch auf eine kompensatorische „Belohnung“, in Form eines wachsenden Wohlstands – auf Kosten anderer, weniger zivilisierter Kontinente! So erklärt sich auch die „rattenhafte Gier“, mit der diese „Privilegien“ verteidigt werden. Und die fehlende Bereitschaft, die Mächtigen zu kritisieren – solange man noch die Illusion hat, selber dabei zu profitieren. Zu profitieren vom eigenen Untergang!
Doch die bittere Erkenntnis ist unvermeidbar, dass dieser Wohlstand das eigene verlorene Glück – das wir mit den „unterentwickelten“ Naturvölker einmal teilten – nicht ersetzen kann. Mehr noch, dass wir durch unseren schmarotzerhaften Lebensstil die Zukunft für alle verspielen. Diese Erkenntnis könnte zu einem Umdenken führen. Zu einer Versöhnung mit der Natur – in uns und um uns. Dann erscheint der Verlust eines angemaßten Wohlstand nicht mehr als schmerzlicher Verzicht, sondern als Befreiung aus Abhängigkeit und Verwirrung.