Jutta, eine 60-jährige sensible Frau kommt zum Seminar. Ihr Anliegen: Ihr Mann hat sie nach 28 Jahre Ehe verlassen. Sie fühlt sich ungeschützt und verloren. TherapeutIn (Th.) schlägt Jutta vor, mit dem Format „Blockierendes Element“ dies Thema zu klären : Wir nehmen an, dass du ein erwachsenes Selbst (ES) hast, das mit einer solchen Situation angemessen umgehen kann. Aber möglicherweise gibt es da ein „Blockierendes Element“ (BE) welches deine Verbindung mit diesem ES blockiert. Durch eine Aufstellung können wir vielleicht dies BE identifizieren, und wenn es „Hier und Heute“ nicht in deinen Identitätsraum gehört, kannst du es „ausräumen“, um besser mit deinem ES verbunden zu sein.“
AUFSTELLUNGSBILD Jutta steht mit ihrem kindlichen Selbst auf der einen Seite, das BE – vertreten durch einen Hocker - stellt sie in die Mitte, sodass es sie von ihrem ES trennt, das auf der anderen Seite steht. Th.: wie fühlen sich die Stellvertreter? ES: fühlt sich traurig und einsam KS: Herz rast, ist angezogen vom BE, fühlt sich als eine Einheit mit BE Jutta: BE gehört zu mir. Th. zu Jutta: stimmen wir überein, dass das was dich blockiert im Hier und Heute nicht mehr zu dir und deinem Leben gehört. Jutta zögert, Th. appelliert an ihren gesunden Menschenverstand, was meint der dazu? Jutta: natürlich gehört das BE nicht in mein Raum, es hindert mich daran, erwachsen mit dieser Trennung umzugehen. Th. fordert nun Jutta auf, zwischen sich - und ihren Anteilen - und dem BE einen Schal als symbolische Grenze zu legen und das BE aus ihrem Raum zu entfernen.
ERFORSCHEN DES BE Jutta stellt sich an den Platz des BE: Th. fragt Jutta, was auftaucht, Situationen, Gefühle, Erlebnisse? Jutta bekommt folgende Bilder: Ihr wurden vom Vater die Haare abgeschnitten (sehr kurz), obwohl sie ein Mädchen war und stolz auf ihre sehr langen Haare war. Mit 14 Jahren erlebte sie das noch einmal. Mit 3-4 Jahren war sie bei den Großeltern, hat sich dort sehr verlassen gefühlt, hat dort sehr viel geweint. Th. vermutet, dass es sich hier um ein frühes Verlassenheitstrauma handelt. Jutta geht zurück in ihren eigenen Raum und spricht dem Th. folgende Sätze nach: Du bist das Trauma der 3 Jährigen Jutta, ich bin vollständig ohne dich. Dabei ist Jutta sehr erschüttert, so als widerspreche das ihrem Gefühl!
BE ERNEUT IM RAUM VON JUTTA Nun – nach der vorherigen Sequenz – ist das BE in ihrem Raum sehr beklemmend für Jutta. Th. : Das BE besetzt deinen Raum. Es hindert dich daran mit deinem ES verbunden zu sein. Da ist Revolution angesagt. Bist du bereit zur Revolution? Jutta antwortet mit einem klaren und kräftigen Ja. Dennoch fällt es Jutta sehr schwer, das BE aus ihrem Raum zu entfernen, sie hält es wie einen Schatz in ihrem Raum fest. TH. appelliert eneut an ihren gesunden Menschenverstand. Dadurch erst ist es Jutta möglich, das BE auf die andere Seite zu bringen und das Trauma aus ihrem Raum zu entfernen. Jutta fühlt sich dadurch leichter und ein wenig befreiter. Sie spricht Th. folgenden Satz nach: In meinen Raum gehört nur noch hinein, was wirklich Jutta ist.
RÜCKGABE DER TRAUMA-GEFÜHLE Th. gibt Jutta einen schweren Stein: dass sind die Gefühle, die mit dem damaligen Trauma verbunden waren: Einsamkeit, Angst, Hilflosigkeit, Verzweiflung, unterdrückte Wut. Kann es sein, dass du diese Gefühle bis heute festgehalten hast? Jutta nickt und gibt symbolisch diese Gefühle an das BE zurück. Es fällt ihr sehr schwer, sie hat den Eindruck, dass diese Gefühle in ihrem Körper, in ihren Zellen gespeichert sind. Th. empfiehlt ihr ein schamanisches Ritual, sie soll ihre Gefühle in Richtung des Traumas aushusten, ausatmen. Erleichterung.
VERBINDUNG MIT DEM ES Th. stellt Jutta ihr ES vor, das sich gegenüber dem Trauma abgrenzen kann. Anstatt sich mit dem Trauma von einst zu verbinden könnte Jutta ausprobieren wie es sich anfühlt, wenn sie mit dem ES eins ist. ES und Jutta umarmen sich, die Verbindung ist jedoch noch sehr wackelig. Th. vermutet, dass Jutta sich dem ES gegenüber schuldig fühlt, weil sie ihm bisher nicht getraut hatte und fordert Jutta deshalb auf, ihm folgende Sätze nach zusprechen: Ich habe dich nicht geachtet. Das hat nichts mit dir zu tun, und das hast du nicht verdient. Das ES ist ihr dafür nicht böse. Jutta ist erleichtert und kann jetzt mit diesem ES eins werden.
ABGRENZUNG GEGENÜBER DEM TRAUMA Th. Um die Verbindung mit deinem ES zu verbessern, musst du unterscheiden zwischen dem, was heute Jutta ist – und was nicht, speziell gegenüber dem Trauma. Das kannst du auf dieser symbolischen Ebene der Aufstellung zeigen, indem du das Trauma an deiner Grenze stoppst! Th. übernimmt als Stellvertreter die Rolle des Traumas und geht auf Juttas Raum zu. Jutta stoppt ihn an der Grenze. Th. zu Jutta: Du hast die Kraft dazu, du hast das Recht dazu, das ist wie ein gesunder Schutzreflex. Dann weißt du immer, wer du bist und wer du nicht bist. Jutta zögert zunächst, von mal zu mal reagiert sie kraftvoller. Als Th. überraschend auf sie zukommt, und sie nicht damit gerechnet hat, sagt er zu ihr: Du musst hellwach sein! Wer hast du das Trauma wieder in deinem Raum!
Th.: Das ist genauso gesund wie der Reflex der Raubtiere, ihr Territorium zu schützen. Welches Raubtier wählst du? Sie entscheidet sich für einen Tiger und soll Th. nun mit einem Tigerschrei an ihrer Grenze stoppen. Beim ersten Mal ist es Jutta nicht möglich, das Stoppen mit einem Tigerschrei zu verbinden. Beim zweiten Mal kann sie einen zaghaften Laut von sich geben. Erst beim dritten Mal ist der Schrei zum stoppen kräftig. Th. bestätigt sie in ihrem Tun mit den Sätzen. Du hast die Kraft, das ist nichts Böses, du zeigst, wo deine Grenze ist. Du selber wirst dabei lebendig und die anderen wissen jetzt, wer du bist. Und du machst Platz für dein Selbst. Spüre noch einmal wie jetzt die Verbindung zu deinem Selbst ist! Jutta verbindet sich jetzt wie selbstverständlich mit ihrem Selbst, und strahlt. Durch die Abgrenzung des Traumas wird die Verbindung mit ihrem Selbst wesentlich besser.
VERBINDUNG MIT DEM KINDLICHEN SELBST (KS) Das KS ist eingeschüchtert und hat das Gefühl, dass es nur dann OK ist, wenn es brav und still ist. Th.: Das KS ist nicht still und brav. Dies ist nur die Anpassung an die Sichtweise der Erwachsenen. Vielleicht hast du deren „Brille“ übernommen und konntest deshalb die kleine Jutta, die überhaupt nicht still und brav ist, gar nicht wertschätzen? Th. fordert deshalb Jutta auf, die „Brille“ von Mama und Papa symbolisch abzulegen, und auf die kleine Jutta zu schauen, die nicht still und brav war. Gibt es etwas an ihr auszusetzen? Jutta: Nein sie ist ganz Ok. Und sie kann zu ihr die Sätze aussprechen: Du bist goldrichtig, schade dass diese verwirrte Familie das nicht erkannt hat. Bei diesem Satz wird Jutta ganz weinerlich. Th.: kann es sein, dass du jetzt in das Trauma der kleinen Jutta von damals hineinrutschst, und nicht mehr die Erwachsene bist, im Hier und Jetzt? Jutta nickt. Um sie ins Hier und Jetzt zu holen, fragt der Th. Jutta nach dem heutigen Tag, nach dem heutigen Datum und nach seiner Augenfarbe. Dadurch kann Jutta zurück ins Hier und Jetzt und sie kann – als erwachsene - folgende Sätze weiter nachsprechen: Ich habe mich von dieser Familie anstecken lassen, konnte dich dadurch nicht schätzen, das hat nichts mit dir zu tun, das hast du nicht verdient. KS ist verwirrt, fühlt sich alleine, will Nähe zum ES. Th. fragt bei Jutta nach, ob sich ihre Eltern bei ihrer Geburt über sie gefreut hätten? Jutta: meinVater hätte gerne einen Jungen gehabt. Th.: dann hat die kleine Jutta damals keine „standesgemässe Begrüssung“ erlebt, und ob sie das nachholen wolle? Jutta nickt und kann zur kleinen Jutta sagen: Wie schön das du da bist, wie schön das du so lebendig bist, wie schön das du so unangepasst bist, wie schön das du ein Mädchen bist und noch dazu so ein spezielles. Und danke dass du das alles ausgehalten hast, das du nicht gestorben bist, nicht verrückt geworden bist. Ich bin stolz auf dich. Bei mir darfst du auch vorwitzig sein. Th.: Kann es sein, dass du dich mehr um deine Kunden kümmerst und die kleine Jutta auch heute zu kurz kommt? Und dass du erwartest, dass jemand anderer – vielleicht ein Partner – sich um die Kleine kümmert? Und das geht immer schief? Jutta nickt. Th.: Ist es fair, einen Patner als „Babysitter“ zu benutzen? Und die Kleine einem für sie wildfremden Mann anzuvetrauen? Jutta schüttelt den Kopf. Th: Wen bräuchte die Kleine eigentlich? Jutta: Mich! Und jetzt kann sie zu der Kleinen sagen: ab heute bin nur noch ich für dich zuständig. Ich vertraue dich nie mehr einem wildfremden Mann an, ab heute bist du die Nummer eins für mich, vor Partner, Beruf, etc. Und weiter: Bei mir darfst du auch etwas anstellen und ich stehe Schmiere für dich! Jetzt strahlt die Kleine und Jutta kann sie fest in die Arme nehmen, sodass sie endlich spüren kann, wo sie einen sicheren Platz hat, wo sie so sein kann wie sie ist und beschützt wird und sogar ihren Spass haben kann. Jutta hält nun das KS fest im linken Arm und kann jetzt auch das ES im rechten Arm gleichzeitig spüren. Th.: Man ist erst dann erwachsen, wenn man sich das selbst das geben kann, was man sich als Kind von den Eltern gewünscht hätte.
GEGENABGRENZUNG Da Jutta sich „im Raum“ des Kindheitstraumas noch zuhause fühlte, kann sie jetzt körperlich spüren, dass das heute nicht mehr zu ihrer Identität gehört. Sie geht – wie gewohnt! - in den Raum des Traumas hinein und der Th. stoppt sie an der Grenze mit den Worten: Das ist nicht Jutta! Das hat hier und heute nichts mit Jutta zu tun! Was vorbei ist, ist vorbei – und es kommt nicht mehr wieder! Was tot ist, wird auch nicht mehr lebendig! Von mal zu mal kann Jutta das besser annehmen und realisieren, dass das Vergangene vorbei ist.
ANNEHMEN DES SCHICKSALS Th. reicht Jutta einen (kleineren) Stein mit den Worten: Das Schicksal hat dir mit dieser Erfahrung etwas zugemutet. Für dich gibt es zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Wenn du es als Herausforderung annimmst, dann macht es dich stark. Wenn du dir selber deshalb leid tust und in die Opferrolle gehst, dann macht es dich schwach. Du kennst beides, und jetzt kannst du dich neu entscheiden! Jutta nimmt die Herausforderung an und entscheidet sich dafü, stark zu weden. SCHRITTE INS HIER UND JETZT Jutta lässt das Schmerzliche aus der Vergangenheit symbolisch hinter sich, indem sie 15 Schritte mit ihren Selbstanteilen durch die Türe des Raumes ins Hier und Jetzt geht und die Tür zur Vergangenheit hinter sich schließt.
RÜCKMELDUNG 7.2.2018 Ich spüre starke Veränderungen...Ich verfalle nicht mehr in die kindliche Rolle, bzw. ist mein erwachsenes Selbst viel stärker geworden. D.h. ich habe kein Selbstmitleid mehr, sondern ich achte viel mehr darauf, was mir gut tut und mache mir viel weniger Gedanken über die anderen, außer sie fragen mich um Hilfe, was sowieso oft vorkommt. Es wurde mir bewusst, dass ich Angst und Panikgefühle z.B in meinen Arbeitsablauf integriert hatte, offenbar weil ich mich ganz früh mit diesen Gefühlen identifiziert habe. Das habe ich abgestellt, ich arbeite jetzt ruhiger und konzentrierter, verfolge mein Ziel, fühle mich leichter... Einsam fühle ich mich nur mehr ganz selten, ich bin unternehmungslustig, war heuer schon auf vier Bällen.. Ich lerne auch Männer kennen, denen ich offensichtlich gefalle, aber meistens sind sie verheiratet und/oder sie gefallen mir nicht, daher lebe ich, seit mein Noch-Ehemann ausgezogen ist, beziehungslos. Das beunruhigt mich aber nicht, denn ich fühle mich nicht alleine.. Die Bearbeitung des BE war und ist ein entscheidender Schritt meiner inneren Befreiung. Auch das Wort “hellwach“ rufe ich mir oft ins Bewusstsein.
Eine Klientin, "Noora" hat selber ein "do it yourself-Format" zu diesem Thema entwickelt und schildert erstaunliche Erfahrungen, die sie damit gemacht hat. Mit ihrer Zustimmung stelle ich ihren Bericht hier ins Forum. Seit dem Erscheinen des newsletter II vom Februar „Arbeit mir dem BE“ habe ich dieses Format drei Mal in do-it-yourself Aufstellungen ausprobiert. Deine Texte vom 23. 2. INTROJEKT DYNAMIK und Problem als Schlüssel zur Lösung helfen mir nun, zu verstehen und zu sortieren. Du schreibst: „Mit diesem testen können sehr starke Emotionen verbunden sein.“ Das kann ich bestätigen. Es drängt ausgelöst durch das Thema alleingeborener Zwilling vieles aus dem vorsprachlichen (vorgeburtlichen) Raum in mein Bewusstsein, dass ich mich manchmal wie überschwemmt fühle. Dazwischen die Gewissheit, auf der richtigen Spur zu sein. Es stellt sich eine Ahnung von eigener Ganzheit ein, jetzt, wo ich die neu gefundene verlorene Zwillingsschwester und den (abgetriebenen) grossen Halbbruder aus der Verstrickung entlasse. Das bereichert und beglückt mich. Es nährt mich geistig und befreit mich körperlich. Dazwischen erlebe ich leider noch immer verwirrte und sehr schmerzhafte Zustände. 10. Februar 2018: „Was hindert mich daran, anzukommen (in der Wirklichkeit, im Leben, bei andern Menschen, in einem Zuhause, einer neuen Liebesbeziehung etc.), anstatt weiterhin zwischen „Zappeln“ und Erstarrung hin und her zu „eiern“? Am Platz des BE erhalte ich umgehend die Antwort: mein eigener Wille, mein eigener Trotz auch. Ich will nicht hinaus (ins Leben), ich will mich weiter reflexartig zusammenziehen, fest einschlafen und „für immer in die andere Richtung verschwinden. Ich will nicht geboren werden, denn das fühlt sich für mich gleichbedeutend an mit gezogen und gezerrt werden, auseinander gezerrt werden. Es stellt sich eine starke Einsicht ein in meine Verweigerungshaltung, in meine Angst vor Kontrollverlust und in den tief verankerten Wunsch, „weg“ zu gehen. Zu dem BE fühle ich eine fast zärtliche Verbundenheit, streichle es, als wäre es ich selber. Ich erlebe ein Dilemma zwischen dem beinahe tödlich verlaufenen Geburtstrauma, von dem ich mich abgrenzen möchte und dem Baby, das ich war und das viel Zuspruch, liebevolle Berührung und Trost gebraucht hätte. Das ist wohl, was gemeint ist mit konstruktivem und destruktivem Introjekt? Die Abgrenzung habe ich dann so formuliert: „Du bist mein Geburtstrauma von damals und ich bin ich. Ich bin vollständig ohne dich.“ Ero: In dem was da auftaucht das Trauma zu erkennen, ist auch für einen Therapeuten nicht immer leicht. Respekt! Das fühlt sich sehr stimmig an! Und: „Bei allem Respekt für Verweigerung und Willenskraft, aber als mein Geburtstrauma von damals gehörst du nicht in meinen Raum.“ Das „Aushusten“ hilft mir und führt zu meiner eigenen Überraschung dazu, dass ich anfange zu fauchen und zu knurren, wie eine echte Löwin. Das gefällt mir sehr! Es sind Töne, die direkt aus meinem Herzen kommen, sehr wohltuend. Gegenabgrenzung: An der Grenze zum Raum des Traumas gestoppt, spüre ich das Verlangen, meine Arme weit auszubreiten, mich zu dehnen und zu strecken (das genaue Gegenteil von „mich zusammenziehen“) und ich realisiere körperlich, dass mein Raum für diese Bewegungen wächst, wenn ich von der Grenze zurück in meinen eigenen Raum gehe: so habe ich auch nach vorne (Zukunft) hin mehr Platz. Ero: Bemerkenswert, wie dein Körper das sofort spürt – und du das auch wahrnimmst! Am Nachmittag dieses Tages spüre ich zum ersten Mal seit langem keine Schmerzen mehr in den Oberarmen und ich komme in Kontakt mit der Seite in mir, die gewinnen kann. Ich frage mich: „und wenn diesmal ich diejenige bin, die gewinnt?“ Ich stelle mir diese Frage zum ersten Mal bewusst, ruhig und sachlich, ohne Schuldgefühle, Scham und (falsches) Bedauern (für die „Verliererseite“). Diese Kraft vergeht zwar wieder, aber sie tritt seither immer wieder in mein Bewusstsein und Empfinden. Ich erkenne sie jetzt als einen Teil von mir selber. Ero: That´s it! 21. Februar 2018: Schon beim Aufwachen Angst- und Panikattacken und eine schmerzhafte Bedürftigkeit nach menschlicher Zuwendung. Das Gefühl, nicht hier und nicht fort sein zu dürfen und eine schreckliche Verlorenheit in mir, die ich zwar gut kenne, aber selten so bewusst erlebt habe. Als ich mich dann entschliesse, das Blockierende Element zu erforschen, wird mir an seinem Platz sofort schwindlig und ich weiss: ich werde geprügelt, heftig am Kopf, am Rücken und ins Gesicht geschlagen. Ich höre: „Wenn du noch einmal wegläufst, kriegst du Schläge, dass dir Hören und Sehen vergeht. Du machst uns nichts als Probleme, nur wegen dir ist alles so schlimm, weil du da bist! Lauf nie wieder weg, hörst du, sonst…!“ Übersetzt heisst das: ich darf nicht weggehen, ich soll nicht da sein, ich bin einfach nur verkehrt, egal wie und wo. „Du bist das Trauma der kleinen Noora. Ich bin vollständig ohne dich.“ Wieder ein Gefühl von Dilemma zwischen der Kleinen, die meine aktive Zuwendung braucht und dem Trauma, von dem ich mich abgrenzen will. Ero: diese beiden zu unterscheiden ist so wichtig! Das BE (Trauma) in meinem Raum: ergreift meine Unterarme und hält sie eisern im Griff, legt sich schwer auf meine Brust, engt mich ein und bedrängt mich aufs Heftigste. Ich stelle es sofort raus. Installiere den Paravan und wende mich meinen Selbstanteilen (Kissen) zu. Abgrenzung und Gegenabgrenzung. Ich realisiere, dass ich das alleine nicht mehr so gut hinkriege. Es ist etwas viel aufs Mal und für mich alleine. Ich bin trotzdem froh, dass ich es gewagt habe und nun bewusster sehe. Ich mache einen langen Spaziergang. 26. Februar 2018: Wieder und wieder fühle ich mich in diesen Wochen verloren, sprachlos,taub und kann nicht mehr klar denken. So sinnlos (ohne meine Sinne) und stumpf fühlt sich alles an. Am Platz des BE fallen meine Augen zu, mein Mund fühlt sich an wie zugewachsen. Ich höre nichts mehr, möchte mich zusammenrollen und nur noch schlafen. Am Platz des Ursprungs des BE weiss ich sofort: so still, sprach- und sinnlos fühlte es sich an ohne meine Zwillingsschwester. Ihr toter Körper war noch da, verschwand endlos langsam. Beim ersten Lösungssatz ist mir ein interessanter Versprecher passiert: „ Du bist das Trauma des Todes meiner Zwillingsschwester. Du bist du und ich bin ich, und ich bin vollständig nur ohne dich.“ Ero: Das ist kein Versprecher, das ist der Lösungssatz! ich bin sehr beeindruckt von deiner "Inneren Kompetenz" Wie bist du überhaupt zu der Idee gekommen, das selber zu überprüfen? wie ich zu dem do it yourself gekommen bin: vor etwa einem Jahr über deine homepage. Ich habe alle Anregungen für Requisiten, Lösungssätze, Ablauf usw. von deiner Seite (Texte und Videos) und aus den beiden bisher besuchten Seminaren in München. Damit improvisiere ich so gut wie möglich. Meine derzeitige Wohnung besteht aus einem relativ kleinen Raum, aber es geht. Als Paravan dient mir mein aufgeschnittener Seidenschlafsack, den ich an einer quer durch den Raum gespannten Leine aufhänge. Steine gibt es draussen in Hülle und Fülle…und meine beiden Schals sind sehr flexibel, genauso mein Koffer (BE), der ärmste;). Ich mache das alleine, ohne AssistentIn. Ich finde es schwierig, offen mit anderen darüber zu sprechen. Es ist dennoch mehr als Imagination, denn die Schals liegen wirklich am Boden, mein Koffer steht wirklich und greifbar da. Ich lebe recht weit abseits und habe hier meistens meine Ruhe. Und vor allem: dass ich meine frühverstorbene Zwillingsschwester wiedergefunden und zum Glück als eine Eigene erkannt habe (dank der von dir entwickelten Arbeit mit Grenze, Selbst und Autonomie). Ihr Tod ist wirklich, wie du schreibst: DAS Trauma am Grunde meines Lebens. Heute früh kam mir der Gedanke: wenn sich solch ein Horror im Körper speichert, dann ist doch die Zeit davor sicher genauso im Körper gespeichert. Ich hatte nämlich neulich einen unglaublich schönen Traum von bisher nie erlebter ozeanischer, ganz-körperlicher Freude und Lebendigkeit. Ich wachte auf und stellte verwundert fest, dass ich auf der linken Körperseite lag, was ich sonst nie tat, weil sie meistens schmerzte. In einem anderen Traum, einige Zeit davor, hatte ich die immer kleiner werdende Schwester an meiner linken Seite zu halten versucht und dann verloren. Danach wusste ich wenigstens, woher all die Unfallverletzungen auf meiner linken Seite kamen…
Jetzt lege ich mich manchmal absichtlich auf die linke Seite, einfach um zu spüren, wie ganz und verheilt sie sich anfühlt. Und auch, um (sozusagen heimlich) meinem Schwesterherz einen kleinen Besuch abzustatten. Ero: ich bin berührt und sprachlos