Abstract Selbst-Integrative Trauma-Aufstellung (SITA) ist ein innovatives Traumatherapie-Konzept, das in den letzten drei Jahren aus der Systemischen Selbst-Integration (SSI) entwickelt wurde. Das Setting der Systemaufstellung (u.a. Virginia Satir) macht es möglich, ein Trauma als gespeichertes Ich-fremdes und daher toxisches Introjekt sichtbar zu machen, und die Traumafolgestörungen („Symbiosemuster“) als Kompensationsversuch zu verstehen. Die symbolische Ebene der Systemaufstellung ermöglicht eine atraumatische Entfernung des Trauma-Introjektes und unterstützt die Selbstregulationskräfte, welche – bisweilen erstaunlich rasch - zu einer Rückbildung der Traumafolgestörungen führen. Das eröffnet neue Behandlungsstrategien für Beziehungsstörungen und alle Befindlichkeitsstörungen bis hin zu den „psychiatrischen“ Diagnosen, die alle als Folge eines unterschiedliche ausgeprägtes Symbiosemuster – und damit als Trauma-Folge - verstanden werden können. Vor zwei Jahren hat Thomas Hensel, ein erfahrener Kinder-und Jugendtherapeut mit Schwerpunkt Traumatherapie (EMDR) ein neues Paradigma der Traumatherapie beschrieben, das verblüffende Parallelen zu dem Konzept der SITA aufweist.(Thomas Hensel, Stressorbasierte Psychotherapie. Belastungssymptome wirksam transformieren – ein integrativer Ansatz 2017 Kohlhammer) Es basiert auf den revolutionierenden Erkenntnissen der jüngsten Hirnforschung: Die Speicherung von Traumata im Gehirn kann rückgängig gemacht werden: „Rekonsolidisierung“. Detailliert beschreibt er die erforderlichen Schritte für diesen Prozess und benennt Therapie-Methoden, die dieses Prinzip bereits in ihrem Konzept umsetzen.
Im Folgenden skizziere ich Hensels Paradigma und in kursiv gedruckten Abschnitten meine Anmerkungen dazu. Hensel beschreibt ein neues Paradigma, das er als Stressorbasierte Psychotherapie bezeichnet. Er bezieht sich auf die revolutionäre Erkenntnis der Hirnforschung der letzten Jahre: Alte Traumata sind nicht unwiderruflich im Gehirn gespeichert – sodass sich jede Therapie auf eine Strategie des Gegenprogrammierens beschränken muss - mit viel Aufwand und zweifelhaftem Erfolg. NEIN! Diese gespeicherten Traumata und alle durch sie ausgelösten psychischen und auch körperlichen(!) Kompensationsmechanismen können durch gezielte Interventionen gelöscht werden, sodass wieder eine Verbindung mit den eigenen Ressourcen möglich wird! Das gilt für alle Diagnosen (Diagnose-übergreifend) und das wirkt erstaunlich schnell und anhaltend. Anders gesagt: die Betroffenen können wieder so unbeschwert leben wie zuvor! Ich bin dem Autor sehr dankbar: Obwohl er von einem ganz anderen theoretischen Hintergrund ausgeht, und selber mit der Methode der EMDR arbeitet, finde ich in seinem Konzept erstaunlich viele Parallelen zu dem von mir entwickelten Konzept, der Selbst-integrierenden Trauma-Aufstellung (SITA). Er liefert die wissenschaftliche Begründung dafür, dass die Kontitionierungen durch Trauma lösbar sind. Und es zeigt sich, dass diese Lösungsschritte erstaunliche Parallelen zum Lösungsprozess der SITA aufweisen. Zentraler Begriff ist für Hensel der „Stressor“. Wird eine belastende Lebenserfahrung nicht verarbeitet sondern als dysfunktionale Erinnerung gespeichert - so als gehöre sie zur eigenen Identität hier und heute („ich-synton“) - dann führt das zu inneren Spannungen. Dieser Stressor organisiert unbewusst das Erleben und Verhalten der Person. Das erhöhte Spannungsniveau (Hypervigilanz) erschwert den Zugang nach innen (zum Selbst!) und verursacht Vermeidungsverhalten und vermindert die Kontrolle der Affekte (Kontrollverlust). Die Stressoren haben unterschiedlichen Charakter, abhängig von der Art des Traumas. Ein einmaliges Schocktrauma wird erinnert und kann Flashbacks bewirken. Chronisch belastende Alltagserfahrungen werden nicht erinnert. Sie können zu einer negativen Selbstüberzeugung führen (Glaubenssätze wie: „Ich bin ein Versager“). Die Stressoren können „kaskadenartig“ zu weiteren dysfunktionalen Phänomenen führen, so entsteht ein „Stressor-Netzwerk“: immer mehr Lebensbereich werden einbezogen. Gleichzeitig lösen sie gegenregulatorische (kompensatorische) Prozesse aus, z.B. ein Vermeidungsverhalten, sodass die Klient*in ihr Leben immer mehr und mehr um diese belasteten Lebensbereiche herum zu organisieren versucht. So wird aus dem „Schneeball eine Lawine“. Dieses Stressornetzwerk bedingt einen erhöhten Stress, der sich körperlich und seelisch auswirken kann. Buchstäblich ALLE Erkrankungen können als Trauma-Folgestörungen verstanden werden. Das heisst, eine wirksame Therapie aller seelischer und körperlicher Erkrankungen muss bei den traumatischen Ursachen anssetzen. Das Stressor-Netzwerk entspricht dem „Trauma-Introjekt“ der SITA. In der Aufstellung wird es symbolisch durch einen Gegenstand, z.B. einen Hocker repräsentiert. Die Klient*in wird sich dessen bewusst, dass das Trauma ihren Raum „besetzt“ und ihre SELBST-Anteile verdrängt. Die symbolische Ebene der Aufstellung spiegelt präzise die unbewussten Auswirkungen des im Gehirn gespeicherten Stressor-Netzwerkes und macht DISSOZIATION und das weit verbreitete SYMBIOSE-Muster als Traumafolge deutlich. Beide Phänomene können als Kompensationsstrategie der Klient*in verstanden, genauer untersucht und in einer Aufstellung gelöst werden. In der SITA werden auch vorgeburtliche Verlusterfahrungen wie der häufige – und von den meisten Therapieschulen übersehene! - Verlust eines Zwillings oder Abtreibungsversuche erkannt und in den Therapieprozess einbezogen. Ebenfalls die häufigen Überforderung und Vernachlässigungen eines Kindes durch belastete Eltern können als Traumatisierung eines Kindes verstanden werden, da sie für massive Traumafolgestörungen des Erwachsenen verantwortlich sind. Schliesslich geraten auch Generationen übergreifende (übernommene) Traumata in den Blick. Wird in diesem Sinne die aktuelle Traumafolge-Symptomatik einer Klient*in als Ausdruck eines Kompensationsprozesses auf ein unverarbeitetes (maladaptiertes) Trauma verstanden, dann verlieren Diagnosenschlüssel – soweit sie Diagnosen als unveränderbare „Krankheits-Entitäten“ verstehen – ihre Bedeutung. Auch der Traumabegriff der Diagnosenschlüssel muss erweitert werden: Als Trauma muss jede verletzende und demütigende Erfahrung bezeichnet werden, die für die Klient*in zu diesem Stressor geworden ist. Das öffnet den Blick des Therapeuten auch für „banal“ erscheinende Traumata. Das entspricht der Sichtweise der SITA, welche Trauma definiert als „ein Ereignis, das geeignet ist, die Entwicklung der eigenen Autonomie zu beeinträchtigen.“ In den ersten Entwicklungsjahren eines Kindes können schon gering erscheinende Erfahrungen von Ablehnung, Abwertung, Demütigung, Verlassenwerden oder Schuldzuweisungen als Trauma gespeichert werden und zu schwerwiegenden Traumafolgestörungen führen.
Hensel beschreibt die Aspekte eines „Algorhythmus“ der Gedächtnisrekonsolidierung, der zu einer erfolgreichen Löschung des gespeicherten Stressornetzwerkes führt, wie folgt: 1. Die Problemaktualisierung (das kann auch symbolisch und damit nicht-traumatisierend geschehen) und zeitnahe dazu 2. das Erleben der Ressource. Das ermöglicht der Klient*in die 3. Diskrepanzerfahrung: sie kann den Unterschied zwischen beidem spüren. Erforderlich ist weiter 4. eine dualen Aufmerksamkeit, das heisst die Klient*in fokussiert gleichzeitig eine belastende Erinnerung(Trauma) und ein zweites neutrales Element. Das ermöglicht 5. Desidentifikation: die Erkenntnis, dass der Stressor, den sie bisher gespeichert hatte, als gehöre er zu ihrer Identität hier und heute, nicht ich-synton ist – sondern ich-fremd ist, und ermöglicht 6. Distraktion: das meint eine Distanz zwischen Ich und dem Trauma und vermittelt ein Gefühl von Kontrolle. Fazit Hensel: „Mit dem neu entdeckten Lernparadigma der Gedächtnisrekonsolidierung eröffnen sich für die Psychotherapie ganz neue Heilungsmöglichkeiten….Es gilt inzwischen als wissenschaftlich gesichert, dass dysfunktional gespeicherte Erinnerungen so verändert werden können, dass sie nicht mehr als Stressoren wirken. … Die wenigen allgemeinen Bedingungen für diesen Prozess (Aktualisierung, Ressource, Diskrepanzerfahrung, Desidentifikation und Distraktion) werden von einer Vielzahl von unterschiedlichen Methoden erfüllt.“ Trauma-Aufstellung als Gedächtnisrekonsolidierung Eine Selbst-integrierende Trauma-Aufstellung verwendet nicht nur die 6 Faktoren des „Algorhythmus“. Philipp Kutzelmann verdanke ich den Hinweis, dass sie sogar "an sich" als eine Methode der Gedächtnis-Rekonsolidierung betrachtet werden kann: In der SITA macht die Klient*in durch das Positionieren der Repräsentanten ein inneres Bild ihres (Körper-)Gedächtnis sichtbar: das sowohl Aspekte des Traumas mit seinen kompensatorischen Folgestörungen (Symbiose-Muster), als auch die ungenutzten Ressourcen (Faktoren 1,2,3) umfasst. Somit beinhaltet bereits das Aufstellungsbild die Faktoren Problemaktualisierung (1), Aufzeigen der Ressource (2) und die Erfahrung der Diskrepanz zwischen beiden (3). Die symbolischen Ebene der Aufstellung ermöglicht im Aufstellungsprozess eine Rekonsolidierung: mit einer dualen Aufmerksamkeit (4) wird eine Desidentifizierung (5) und eine Distraktion (6) möglich. Die SITA umfasst folgende strukturierte Lösungsschritte: PROBLEMAKTUALISIERUNG UND WAHRNEHMUNG DER RESSOURCE erfolgen in einem Schritt: Die Klient*in stellt sich, ihr souveränes SELBST und einen Hocker für das Trauma auf und wird sich bewusst: das Trauma war ihr bisher näher als das unbelastete SELBST. DUALE AUFMERKSAMKEIT Der auf den Boden gelegte Schal als das Symbol der Grenze erleichtert die Distanzierung. DESIDENTIFIKATION Die Klient*in kann sich entscheiden, ob das Trauma ihr näher steht, als ihr souveränes SELBST , und DISTRAKTION sie kann das Trauma symbolisch aus ihrem Raum herausstellen der symbolisch durch einen Schal begrenzt wird. ERLEBEN DER RESSOURCE Jetzt kann die Klient*in wieder eine Verbindung spüren zu ihrem souveränen SELBST. Und sie spürt die DISKREPANZ , das heisst den Unterschied zu dem vorherigen Zustand einer Identifizierung mit dem Trauma. Eine Besonderheit der SITA besteht darin, dass Desidentifizierung und Distraktion in mehreren unterschiedlichen Schritten erfolgt, um die Aspekte der Traumafolgestörungen (Symbiosemuster) durch gezielte Interventionen zu lösen: eine fehlende Unterscheidung ich/du, das fehlende Bewusstsein für eine eigene Grenze und den eigenen Raum, das Übernehmen von Rollen im fremden Raum, das Übernehmen von Fremden in den eigenen Raum als Introjekt, das Übernehmen fremder Belastungen (Traumata), die fehlende Abgrenzung, die fehlende Erfahrung einer gesunden „Gegenabgrenzung“ (erhöhte Vulnerabilität, Risiko für Burnout, Haften an der Vergangenheit). Nach jedem Schritt kann die Klient*in wahrnehmen: je mehr sie sich vom Trauma und von den Kompensationsmechanismen distanzieren kann, desto intensiver spürt sie die Verbindung mit ihrer Ressource, ihrem SELBST. Umgekehrt erleichtert ihr diese zunehmende SELBST-Verbindung das Distanzieren zu den vertrauten- aber illusionären – Überlebenststrategien.
RÜCKGABE DER GESPEICHERTEN TRAUMAGEFÜHLE: Die mit dem Trauma damals verbundenen Traumagefühle hat die Klient*in zusammen mit dem Trauma gespeichert – obwohl sie heute gar nicht mehr zu ihr gehören! Diese Gefühle kann sie symbolisch in einen grossen schweren Stein „fliessen“ lassen und dann zum Trauma zurück geben. Das wirkt meist sehr befreiend. (Desidentifikation) ERSTE SELBST-ANNÄHERUNG Erst jetzt kann sich die Klient*in ihrer Ressource, ihrem SELBST nähern, das seine Würde in sich hat, unabhängig von Leistung. Das erschien ihr bisher fremd und vielleicht sogar gefährlich. Sie kann spüren, wie es sich anfühlt, wenn sie mit ihrem SELBST verbunden ist - statt wie bisher mit dem Trauma (Diskrepanzerfahrung) ABGRENZUNG: Das aus dem eigenen Identitätsraum herausgestellte Introjekt wird mit Kraft (und Tigerschrei!) abgegrenzt. Dadurch erlebt sich die Klient*in erneut als selbstwirksam. Und sie lernt, das eigene aggressive Potential in einen „gesunden Kanal“ der Abgrenzung zu leiten – statt wie bisher destruktiv gegen sich selbst. GEGENABGRENZUNG: Die Klient*in erlebt in der Gegenabgrenzung, dass das Trauma-Introjekt nicht mehr zu ihr gehört. Sie bewegt sich – wie gewohnt – auf das Trauma zu. Die Therapeut*in (vertritt ein Realität-Prinzip) und stoppt sie, mit dem Sätzen: das bist du nicht! Das hat mir dir heute nichts mehr zu tun! Das löst die in ihrem Körpergedächtnis gespeicherte Identifizierung mit dem Trauma-Introjekt. Manche Klient*innen spüren, wie dadurch das festgehaltene Schwere von ihnen abfällt. SELBST-VERBINDUNG Nach jedem Schritt überprüft die Klient*in erneut ihr SELBST-Verbindung und bemerkt fast immer eine deutliche Verbesserung. Nachdem sie sich mit dem erwachsenen Aspekt ihres SELBST – das sich erfolgreich wehren und abgrenzen kann – sicher verbunden hat, kann sie sich dem kindlichen Aspekt ihres SELBST zuwenden, das verletzbar und bedürftig, aber auch neugierig und kreativ ist. Diese körperliche Erfahrung der Verbindung mit beiden SELBST-Anteilen ermöglicht der Klient*in die beglückende Erfahrung, vollständig und erwachsen zu sein. „Sie kann sich jetzt selber das geben, was sie sich als Kind immer vergeblich von den Eltern gewünscht hat.“
Zusammenfassend: Die von mir entwickelten Konzepte SSI und SITA verwenden die Prinzipien der Gedächtnisrekonsolidierung, welche eine rasche und anhaltende Löschung der gespeicherten Traumata erlauben. Sie gehören zu den von Hensel so benannten STRESSORBASIERTEN PSYCHOTHERAPIEN. WEITERE ELEMENTE DER SITA Zusätzlich macht die SITA dank der symbolischen Ebene der Aufstellung andere TRAUMAFOLGESTÖRUNGEN (Aspekte des Kompensationsmusters SYMBIOSE) deutlich und erlaubt wirksame Interventionen, welche zu einer raschen und anhaltenden Heilung beitragen: „SCHEMELTEST“ BEI DISSOZIATION Solange die Klient*in das toxische und ich-fremde Trauma als Introjekt im eigenen Raum hat, dann findet sich oft das Phänomen der Dissoziation. Das testen wir der Aufstellungen, indem wir die Klient*in bitten, sich auf einen Schemel zu stellen, welcher symbolisch Dissoziation ausdrückt. Solange sie das Trauma-Introjekt im eigenen Identitätsraum hat, ist es eine passable Überlebensstrategie, um das Toxische nicht so an sich heranzulassen. Allerdings begibt man sich da auf eine "höhere" Ebene, ist nicht ganz bei sich selbst, versucht alles von einer höheren Ebene zu sehen und zu kontrollieren. Manche haben auch das Bedürfnis sich vor dem Trauma im Erdboden, in einem Mauseloch zu verstecken oder sich totzustellen. Das kann dann durch eine Decke symbolisiert werden, unter der sie sich verstecken wollen. Der Leiter: "Und wenn du erkennst, dass das Trauma hier und heute nicht mehr in deinen Raum gehört, dann brauchst du auch diese Überlebensstrategie nicht mehr!" GESTÖRTES ZEITGITTER Solange das vergangene Trauma im Identitätsraum des Hier und Jetzt gespeichert wird, kann die Klient*in nicht mehr sicher unterscheiden zwischen Heute und Damals. Sie haftet an der Vergangenheit. Ihr ZEITGITTER ist gestört. Sie befasst sich mehr mit Themen der Vergangenheit („Grübelzwang“), als mit dem Hier und Jetzt. Das Leben geht an ihr vorbei. GEGENABGRENZUNG AUF DER ZEITACHSE Die Klient*in geht – wie gewohnt – symbolisch zurück in die Vergangenheit und wird vom Leiter (vertritt das Realitätsprinzip) gestoppt mit den Worten: „Es gibt kein ZURÜCK! Vorbei ist Vorbei. Und es kommt NIE mehr wieder. Was mausetod ist wird nie mehr lebendig!“ Die Klient*n spürt körperlich die Befreiung von der anhaftenden Vergangenheit. Bisweilen spürt sie auch Schmerz: auch der Abschied vom alten Leid kann schmerzhaft sein! Der Leiter: „Aber das ist ein gesunder Schmerz! Und wenn du da hindurch gehst – öffnet sich eine Türe zum Hier und Jetzt!“ STRUKTURBEGRIFF Unter Struktur werden hier die Fähigkeiten zusammengefasst, zu unterscheiden zwischen Ich und Nicht-Ich, zwischen heute und gestern. Dann kann man sowohl eigene Grenzen schützen – als auch fremde Grenzen wahrnehmen und die Abgrenzung des Anderen respektieren. Struktur beinhaltet auch RESILIENZ, die Fähigkeit, das eigene aggressive Potential konstruktiv zu nützen in der Abgrenzung und im Verfolgen der eigenen Interessen, statt destruktiv gegen sich und andere. Diese Struktur schafft den eigenen Raum, in dem erst sich das eigene Selbst entfalten kann. Diese Struktur ist die Voraussetzung für ein selbst-bestimmtes Handeln, für Ich-du-Begegnung und für Konfliktfähigkeit. SELBST-ABWERTUNG Die Annäherung an das eigene SELBST – und damit die Distanzierung gegenüber dem Trauma-Introjekt - kann erschwert sein durch abwertende Projektionen der Herkunftsfamilie, aber auch durch eigene selbst-abwertende Glaubenssätze. In einem strukturierten Dialog mit dem erwachsenen – und dem kindlichen – SELBST-Anteil können diese Überlagerungen geklärt und entfernt werden. Wenn so das eigene SELBST in seiner ursprünglichen Würde und Schönheit wieder erscheint, dann fällt es der Klient*in leicht, mit dem eigenen SELBST „probezuverschmelzen“ - statt wie bisher mit dem Trauma-Introjekt. TRAUMAKOPPELUNG Häufig ist ein Trauma-Introjekt gekoppelt an das Introjekt einer Bezugsperson (bevorzugt bei übernommenem Trauma) bzw. an das Introjekt des Täters ( bei eigenem Gewalt-Trauma). Bisweilen ist dieser Trauma-Komplex noch mit weiteren ähnlichen Traumata aus dem Familiensystem gekoppelt. In mehrfach traumatisierten Familien ist so ein übernommenes Trauma bisweilen die einzige Verbindung zu einer traumatisierten (und daher emotional nicht zugewandten) Person. Dadurch ist es emotional positiv geladen. Daher wird das Abgeben eines Traumas manchmal erlebt als „Verrat“.
FORMATE UND DIAGNOSTISCHE TOOLS DER SITA PROBLEM ALS SCHLÜSSEL ZUR LÖSUNG Dies SITA-Format ermöglicht es, für ein aktuelles Problem die relevante Trauma zu erkennen und zu behandeln. Es basiert auf der Erfahrung, dass im Trauma-Introjekt (Stressor-Netzwerk) das traumatische Erleben von damals und die Traumafolge: ein Problem oder Glaubenssatz von heute gemeinsam gespeichert sind. Wenn wir annehmen, dass Problem und Glaubenssatz dadurch entstehen, dass das Trauma-Introjekt die SELBST-Verbindung der Klient*in blockiert, dann kann durch eine Aufstellung des blockierenden Elementes („BE“) das Trauma identifiziert werden, das für das aktuelle Problem relevant ist. Dabei kann es sich um ein eigenes Trauma handeln, aber auch um ein übernommenes, meist von einer nahen Bezugsperson. Es ist immer wieder überraschend, wie passend ein auftauchendes Trauma zum aktuellen Problem ist. Manchmal handelt es sich um „banale“ Ereignisse, deren traumatisierende Wirkung der Klient*in nicht bewusst war. Wenn dies dann im Lösungsprozess gelöscht werden kann, dann verschwindet auch das Problem. DO-IT YOURSELF-FORMATE Manche Therapie-Konzepte sind kompliziert und schaffen so ein „Kompetenz“-Gefälle zwischen Therapeut*in und Klient*in. Das Konzept und der Lösungs-Prozess der SSI sind so einfach, dass sie von Klient*innen sofort verstanden werden. Und sie sind so strukturiert, dass sie auch von Klient*innen selber angewendet werden können. Mit Erfolg! Das vermittelt der Klient*in eine zusätzliche besondere Erfahrung der SELBST-Wirksamkeit! AUTONOMIE-DIAGRAMM Ein Autonomie-Fragebogen misst die Aspekte der Struktur, ein daraus erstelltes Diagramm erlaubt dem Therapeuten und der Klient*in mit einem Blick, die aktuelle Struktur und etwaige Veränderungen durch die Therapie zu erfassen. EINZEL-ODER GRUPPEN-THERAPIE Bewegen sich die Werte des Diagramms im unteren Drittel, dann ist das ein Hinweis auf massive Traumatisierung bzw. eingeschränkte Struktur. Dann ist eine Behandlung in Einzelsitzung zu empfehlen – mit Stühlen und Kissen oder auch mit Holzfiguren. In der Gruppe wird die Aufstellung bereichert durch die Rückmeldungen der stellvertreter („stellvertretende Wahrnehmung“). Und auch sehr traumatisierte Klient*innen bekommen schnell Vertrauen in die Gruppe – und in die Methode – wenn sie sehen, dass es immer „gut ausgeht“: „auch Heilung kann ansteckend sein!“
Sehr gute und schöne Zusammenfassung dessen, was ist und sein kann und sein wird. Vielen Dank Dir, Hensel und all den anderen Traumaforschern (Ja: praktisch alle psychischen - und teilweise somatischen - Erkrankungen können als Traumafolgen erkannt werden). Sicher gibt es Situationen, wo Du mit der SSI auch nicht "durchkommst". Ich denke, eine wichtige Ergänzung in Zukunft kann die Psycholyse sein. Ich wünsche viel Energie, Gesundheit und einen wunderschönen Tag. Markus