Eine Klientin berichtet: Ich hatte mich an Sie gewendet, weil ich schon einige Videos von Interventionen gesehen hatte und von der Kürze und Einfachheit beeindruckt war. Alles scheint logisch und richtig. Ich stimme den Inhalten nach wie vor vollkommen zu. Was ich allerdings nicht wissen konnte war, wie ich mich während der Session fühlen würde. Ich hatte während dessen und auch beim späteren Anschauen ein beklemmendes Gefühl. Ich habe mich unwohl gefühlt, so unwohl, dass ich das Video auch gar nicht gern gesehen habe. Genau das Problem weshalb ich mich an Sie gewendet hatte: Unwohlsein im Kontakt mit anderen. Verrückt. Da ich mich gar nicht entspannen konnte war die ganze Aktion auch irgendwie halbherzig und hat mein Problem fast verstärkt. Nichtsdestotrotz hatte ich einen Erkenntnisgewinn, nämlich dass ich mit direktivem Umgang so meine Probleme habe. Sofort springt bei mir die Abwehr an.
Dennoch hat sich etwas getan. Ich habe den Fragebogen nochmals beantwortet und schneide in allen Fragen "besser" ab. Besonders im Bereich "Abgrenzung" ist der Punktezuwachs am höchsten. Das ist doch was! Ich kann inzwischen etwas besser mit abgrenzendem Verhalten von anderen umgehen und selbst schnörkelloser sagen und machen, was ich für richtig halte.
Auch wenn ich nach der Erfahrung glaube, dass die Methode allein nicht ausreicht, finde ich sie dennoch sehr gut als Anstoß geeignet, mit traumatischen Ereignissen umzugehen.
Meine Antwort zum Thema DIREKTIVES VORGEHEN Das Thema "direktives Vorgehen" führt immer wieder zu Problemen. Da sind mehrere Aspekte zu unterscheiden: 1. Ich habe gelernt, dass viele Klient*innen durch eine frühe Traumatisierung in eine Falle geraten sind: um zu überleben, haben sie ein "Überleben-Selbst" entwickelt. Das war eine kreative Leistung, die darüber hinaus in der verzweifelten Situation ihrer Kindheit das Überleben ermöglichte. Auch wenn sie im Aufstellungsprozess erkennen, dass dieses "falsche Selbst" ihren Zugang zu ihrem "wahren Selbst" blockiert, das Aufgeben des falschen Selbst erweist sich für sie als unerwartet schwierig. Es fühlt sich bisweilen verboten an, lieblos, egoistisch, ja wie Verrat an der Sippe und wie Verlust der Zugehörigkeit, so als könnten sie nur durch das eigene Leid mit dieser dieser traumatisierten Familie verbunden bleiben. Mir wurde deutlich, dass ich Menschen, die sich aus einer solchen Falle befreien wollen, nur durch ein direktives Vorgehen unterstützen konnte. Das erforderte auch von mir "Bereitschaft zum Ungehorsam", da ich dabei gegen ein verbreitetes therapeutisches Dogma verstieß: "Der Klient ist der Experte, der Therapeut darf nicht als Experte und direktiv vorgehen". Dies Dogma erschien mir bei früh traumatisierten Klienten nicht gültig zu sein. Die positiven Ergebnisse dieser Vorgehensweise bestätigen das. Mein Ungehorsam erwies sich als sehr fruchtbar. 2. Es gibt Klient*innen, bei denen diese direktive Vorgehensweise ein eigenes Trauma mit einer autoritären sehr übergriffigen Bezugsperson so heftig triggert, dass sie blockiert sind und sich auf den Prozess nicht einlassen können. Um das zu verhindern, weise ich zwar die Klient*innen auf dies Dilemma hin (Anhang). In Zukunft werde ich sie auffordern, genau zu überprüfen, ob sie wirklich entschlossen sind, sich aus diesem Muster zu befreien, auch wenn es sich falsch oder verboten anfühlt. Dennoch geschieht das leider immer wieder. Manche – wie Sie - haben immerhin dennoch positive Veränderungen verspürt, die sich auch im Diagramm zeigen. Aber andere sind so blockiert, dass wir die Aufstellung abbrechen müssen, oder dass sich gar nichts verändert. Auch in diesen verzwickten Fällen gibt es Lösungsmöglichkeiten. a) Wenn eine Klient*in mich schon vorher auf dieses Thema hinweist, dann gebe ich ihr einen längeren Termin und möglichst gleich früh um 9h. Denn der Eindruck des Direktiven kann sich verstärken, wenn ich unter Zeitdruck stehe, oder wenn meine Reserven bereits durch vorherige anstrengende Sitzungen erschöpft sind. b) Es ist möglich, dass ich durch meine „forsche Vorgehensweise“ an diesem Dilemma beteiligt sein könnte. Daher empfehle ich den betroffenen Klient*innen, sich beim nächsten mal an meine Kolleg*innen zu wenden: Philipp Kutzelmann, Ullrich Hartmann und Erika Behnke.