Man kann ein autonomes Beziehungsmuster und ein symbiotisches Beziehungsmuster unterscheiden. Das autonome Beziehungsmuster ist möglich zwischen zwei ebenbürtigen Partnern, die beide „im Autonomie-Modus“ sind. Sie sind bei sich, können sich dem anderen zeigen, wie sie sind und den anderen so sehen, wie er ist. Jeder fühlt sich vollständig auch ohne den anderen. Es entsteht eine Bindung durch gegenseitige Anziehung. In dieser „erwachsenen“ Beziehung haben beide Partner die Freiheit, sich zu verändern, zu wachsen. Das symbiotische Beziehungsmuster, der „Symbiosemodus“ ist immer dann erforderlich, - und dann auch „gesund“ - wenn es ein Gefälle zum Anderen gibt: zu einem Kind, zu einem kranken oder altersschwachen Gegenüber. Symbiose ist hier gekennzeichnet durch Zurückstellen eigener Bedürfnissen, Orientierung an den Bedürfnissen des Anderen, Unterdrückung der eigenen Aggression. Wenn eine Frau ein Kind bekommt – oder einen Pflegebedürftigen betreut – muss sie sozusagen vom Autonomiemodus in den Symbiosemodus wechseln können und umgekehrt! Das ist eine ungeheure seelische Herausforderung – deren Ausmaß Männer nur ahnen können, da sie sich dieser Erfahrung nicht aussetzen können oder wollen. Gerade heute, wo von Frauen gefordert wird, im Beruf „ihre Frau zu stehen“, ist diese Umstellung nicht einfach. Und es ist verständlich, dass manche Frauen dem nicht gewachsen sind, sich bisweilen nicht genug auf ein Kind einstellen können – oder beim Heranwachsen des Kindes nicht zurück in ihren Autonomiemodus finden und dadurch auch das Kind bei seiner Autonomie-Entwicklung nicht unterstützen sondern eher hemmen.
ÜBERGANG VOM SYMBIOSE- IN DEN AUTONOMIE-MODUS Wenn eine Mutter zu ihrem erwachsenen Kind im Symbiosemodus bleibt, wenn der Prozess der Ablösung nicht gelingt, dann wird dadurch zwangsläufig ein Gefälle aufrecht erhalten. Das hat etwas mit Macht zu tun. Die Mutter respektiert den Jugendlichen nicht als ebenbürtig, achtet nicht Grenzen und Raum des Kindes, mischt sich ein, als würde sie dem jungen Erwachsenen etwas Gutes tun. Und der junge Erwachsene, wenn ihm die gesunde Ablösung nicht möglich ist, sucht sich aus Überanpassung, Abhängigkeit, Selbst-Entfremdung zu befreien, indem er in die Überabgrenzung geht, bis hin zum Kontaktabbruch. Aber da er gegenüber der Mutter nicht seinen eigenen Raum, seine Grenze – und damit seine Autonomie – entwickeln konnte, bleibt er im „Symbiosemodus“ stecken. Dadurch werden alle seine späteren Beziehungen geprägt: zum Partner, zu den Kindern, aber auch zur Arbeit (workoholic, Burnout).
MACHT UND SYMBIOSE Symbiose schafft ein Machtgefälle. Umgekehrt beeinträchtigt jedes Machtgefälle die Autonomieentwicklung, fördert das Symbiosemuster. Es schafft Abhängige, fördert Anpassung, Unterordnung, „vorauseilenden Gehorsam“.
DEMOKRATIE UND AUTONOMIE Die demokratische Gesellschaftsordnung bietet die Möglichkeit zu einer „kollektiven Selbstbestimmung“ durch die Kontrolle von Macht. Das könnte die Entwicklung von individueller Autonomie fördern. Dem stehen zwei Aspekte entgegen: Auch in einer Demokratie gibt es – alte oder neue - Machtstrukturen, die ihre Macht auf immer subtilere Weise ausüben und erhalten, die sich jeder demokratischen Kontrolle zu entziehen wissen (Berlusconi). Dadurch wird Demokratie zur Farce. Menschen, die selber noch im Symbiosemodus stecken, sind beeinflussbar, manipulierbar, tendieren dazu, sich diesen Machtstrukturen freiwillig anzupassen und zu unterwerfen. Indem sie zu Werkzeugen dieser Macht werden, haben sie Anteil an diese Macht. Wenn sie selbst von diesen Strukturen profitieren, dann verzichten sie dafür auf ihre Autonomie. Wie lässt sich dies Dilemma lösen? Eine Antwort: Autonomie-Training, möglichst bereits an Schulen!
wenn ein behindertes Kind in der Familie ist, dann hat es seine Gründe, wenn eine Frau nicht wieder in die Autonomie zurückfindet und mit dem Kind symbiotisch verbunden bleibt. Diese sind herauszufinden und aufzulösen.
Beispiel: mein Mann, meine schwerstbehinderte Tochter und ich. Meine behinderte Tochter wird seit 10 Jahren von mir alleine versorgt. Ich merke, dass ich ihr näher bin, als mir manchmal lieb ist. Meine Autonomie fällt mir immer schwerer. a) hat das mit mir selbst zu tun, b) mit meinem Mann und ihrem Vater.
Zitatder „Symbiosemodus“ ist immer dann erforderlich, - und dann auch „gesund“ - wenn es ein Gefälle zum Anderen gibt: zu einem Kind, zu einem kranken oder altersschwachen Gegenüber. Symbiose ist hier gekennzeichnet durch Zurückstellen eigener Bedürfnissen, Orientierung an den Bedürfnissen des Anderen, Unterdrückung der eigenen Aggression.
Er stellt seine wahren Bedürfnisse wie zwanghaft zurück, und versucht dann uns zu manipulieren, dass wir das tun, dass er gut versorgt ist. Um die kranke Tochter kümmert er sich praktisch nicht, weil sie seine Bedürfnisse nicht erfüllt, sondern er muss sich ihr dann zuwenden. Was ich damit sagen möchte: es ist zu einfach zu sagen, die Frau ist der Grund, dass die Beziehung gestört ist. Oder ihr gar zu unterstellen, dass sie lieber in einer symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung bleibt, als autonom zu werden.
Symbiose hält das Drama-Dreieck aufrecht.
ZitatWenn eine Mutter zu ihrem erwachsenen Kind im Symbiosemodus bleibt, ...
Wieso immer nur die Mutter, es gibt auch einen Vater.
Ich denke, dass ich mit meinem Mann symbiotisch verstrickt bin. Und mitten drin unsere kranke Tochter. Dass sie daheim ist, warum und weshalb, das spielt scheinbar keine Rolle. Wie auch, wenn allgemein verbreitet ist, ein behindertes Kind müsse auch unbedingt ein eigenes Leben in einem Heim führen. Wie ich ihre Zeilen lese, bekräftigen sie dieses Denken.
Wie auch, wenn allgemein verbreitet ist, ein behindertes Kind müsse auch unbedingt ein eigenes Leben in einem Heim* führen. Wie ich ihre Zeilen lese, bekräftigen sie dieses Denken. *meinen sie heim oder eigenes zuhause?
Liebe Michaela, da mißverstehen sie mich wahrscheinlich. meine ansicht: es geht darum das berechtigte bedürfnis des kindes nach versorgung und das berechtigte bedürfnis der mutter nach einem selbstbestimmten leben in ballance zu bringen. ein schwerstbehindertes kind stellt in der regel eine überforderung für die familie da, deshalb gibt es betreuungseinrichtungen. verantwortung der eltern ist, für eine angemessene betreuung des kindes zu sorgen, was nicht heißt, dass sie das in einem solchen fall selber tun müssen. in ihrem falle scheint zusätzlich der vater als unterstützer wegzufallen, im gegenteil für sie als mutter eine zusätzliche belastung zu sein. sie keiden und möchten etwas ändern. dann ist es wichtig, dass sie ihren anteil erkennen. ihr anteil daran ist, dass sie unbewußt beteiligt waren (als "komplizin"), dass eine solche unbefriedigende situation entstanden ist. dabei vermute ich, dass eine unbewußte prägung aus der eigenen kindheit dabei eine schlüsselrolle spielt. diese unbewußte blockade, dies unbewusste "autonomie-verbot" gilt es zu erkennen und zu lösen. liebe grüsse ero langlotz
mit Heim meine ich eine Einrichtung, in der der behinderte Mensch lebt.
Dem eigenen Autonomie-Verbot bin ich auf der Spur. Dabei fühle ich mich ständig in die Symbiose zurückgedrängt. Nicht von meinem Kind. Die Einrichtung(en) hat (haben) versagt, darum ist mein Vertrauen in solche gleich null. (es gab gewissen Vorfälle, die egal wo sie waren, mir ausgeredet werden sollten). Als ich noch jünger war, war ich der Auffassung, dass ich auch mein eigenes Leben leben müsste. Also kam meine Tochter in ein Heim. Die Umstände habe dafür gesorgt, dass ich sie wieder nach Hause genommen habe. Und die Einrichtung dort, vor Ort, hat zu einer Regression bei ihr geführt. Mir wird dann immer wieder eingeredet, dass ich all das selbst konstruiert hätte, weil ich sie nicht loslassen wolle. Das ist doch ein Blödsinn. Oder ist die Symbiose so heimtückisch? Man will etwas vom Verstand her: eigenes Leben führen, und die Umstände (die Symbiose) bringt einen wieder zurück in die Abhängigkeit?
liebe michaela, das ist bisweilen sehr verzwickt. wenn man ein unbewusstes abgrenzungsverbot hat, dann kann es sich so auswirken, dass man unbewußt situationen kreiert, wo man sich beim besten willen nicht abgrenzen kann. das man sozusagen von außen immer wieder gezeigt bekommt: es geht nicht! vielleicht war dies abgrenzungsverbot schon bei der auswahl des heimes beteiligt, in dem sinn, dass es von vorneherein sich abzeichnete, dass es nicht klappen konnte. ich sage nicht, dass es bei ihnen so war. ich weiss nur aus vielen erfahrungen, dass es so hätte gewesen sein können. das müsste man sich in ruhe mal ansehen. liebe grüsse ero langlotz
ich wüsste jetzt gerade nicht, wie sich Autonomie bei meiner behinderten Tochter auswirken würde. Gerade bei schwerstbehinderten Menschen wird viel von Selbständigkeit gesprochen, aber wie können sie ohne Sprache selbstbestimmt leben? Die Macht der Einrichtung bzw. ihrer Angestellten kann riesengroß sein. Mir sind besonders unangenehm die Personen aufgefallen, die sich "beweisen" müssen, also die nur ihres ausprobieren, ohne auf jemand (wie mich oder Papiere) zu hören. Diese Spezies Mensch gibt es auch unter Therapeuten. Sie haben mir so manches Leid angetan.
Kann man auch mit verstorbenen Ahnen, die man nie gekannt hat, eine symbiotische Verbindung haben? (Ich denke da gerade an meine Oma und ihren Vater.)
hallo michaela, ein schwerstbehindertes kind kann nur sehr beschränkt autonom sein. was es braucht: dennoch in seiner würde respektiert zu werden. ja es ist durchaus möglich, dass man mit bereits verstorbenen personen identifiziert ist. liebe grüsse ero