Gestern im aktuellen Therapieseminar stiess ich auf ein merkwürdiges Phänomen: Eine Klientin, ca. 40 Jahre, sehr gepflegt und gut aussehend - aber ziemlich unabgegerenzt - hatte vor 2 Jahren ihre Mutter verloren und hat jetzt den Eindruck, immer mehr die Gewohnheiten ihrer Mutter anzunehmen. Wie zu erwarten, war sie noch im Raum der Mutter, hatte ihren eigenen Raum nicht "in Besitz" genommen. Merkwürdig: sie stellte ihr "inneres Kind" näher zur Mutter als zu sich und die Repräsentantin stellte sich neben die Mutter und sagte, das ist mein Platz! Ihre Mutter hatte selbst eine extrem schwere Kindheit und mein Bild war, sie wollte bei ihrer Tochter gut machen, was sie selbst als Kind gelitten hat - eine häufige "Verwechslung" - und hat sie deshalb maßlos verwöhnt? Die Klientin nickte zustimmend. Ich vermutete, dass sie nun von ihrem Partner erwartet, dass er die kleine ähnlich verwöhnt, wie zuvor die Mutter. Und auch hier stimmte sie lächelnd zu.
Bei einem vernachlässigten inneren Kind sind die Sätze sinnvoll: ich sorge gut für dich, bei mir darfst du auch deinen Spass haben etc. Hier schien mir eine andere Intervention erforderlich: Ich sorge selbst für dich, aber ich werde dir helfen, deine - und fremde - Grenzen zu respektieren! Wien, 11.11.2012