Sie sprechen von der Entscheidungsfreiheit einer Mutter für oder gegen ein ungeborenes Kind. Kann ich nachvollziehen. Aber was ist mit der Entscheidungsfreiheit des Ungeborenen bzw. dessen Recht auf (Weiter)Leben ? Gerade diese Fragen machen bestimmt einigen Eltern, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, zu schaffen... und kommen dann mit dieser Problematik in die Therapie. Hier geht es dann ja nicht nur um Trauer zulassen und Verabschiedung , sondern auch darum, zu eigenem (schuldhaften) Verhalten zu stehen, statt sie zu verdängen oder schön zu reden. Hier geht es nicht um Moral, sondern darum, die Verantwortung für die Konsequenzen eigener Entscheidungen zu übernehmen. Denn das ist erwachsenes , autonomes Verhalten... denke ich. Wie oft machen wir uns in unserem Verhalten an anderen und uns selber schuldig und tun dann so, als wenn das nicht wahr wäre. Wir können in unserer Begrenztheit oft nicht allen gerecht werden. Wohl dem, der dies sieht und bejaht und so auch damit in Frieden leben kann.
lieber kollege wolters, die frage nach dem recht des ungeborenen auf leben ist schwer zu beantworten. in aufstellungen sehen wir, dass ein abgetriebenes - bzw. desen stellvertreter - der mutter nicht böse ist. es ist mit seinem schicksal einverstanden. es fühlt sich nur dann belastet, wenn die mutter sich seinetwegen schuldgefühle macht, ihr eigenes leben versäumt. der abschied von einem abgetriebenem kind erfordert mehrere schritte: zunächst das begrüssen, man kann nur jemanden verabschieden, den man begrüsst hat! für manche scheint es wiedersinnig, ein kind zu begrüssen, gegen das man sich entschieden hat. das ist einer der denkerischen fallstricke, die man sich selber legt. meine erfahrung zeigt: eine mutter hat immer sehr viel liebe zu einem kind, selbst wenn sie es abtreibt. und wenn diese liebe nicht zum kind fliessen kann, wenn sie sich "staut", dann kann die liebe auch nicht zu eventuellen späteren kindern fliessen. das nicht verabschiedete kind steht sozusagen dazwischen. als nächstes ist erforderlich, dass die mutter dem kind gegenüber dazu steht, dass sie sich gegen es entschieden hat, mit allen folgen - z.b. dass sie dies kind nicht ins leben begleiten kann. das heisst, zu den konsequenzen stehen. dann kommt das verabschieden, z.b. in form einer umarmung. und die entscheidung, das ungeborene nicht mehr durch eigene schuldgefühle festzuhalten, sondern es dahin ziehen zu lassen, wo es seinen frieden findet. versöhnlich ist es, wenn die mutter das kind noch bittet: schau freundlich auf mich und auf deine geschwister!
es gibt frauen, die sich im einvernehmen mit dem partner für eine abtreibung entscheiden und scheinbar gut damit zurechtkommen... sowohl sie als einzelpersonen als auch ihre partnerschaft. Nach zumindest früheren ansichten von bert hellinger nimmt eine partnerschaft durch eine abtreibung automatisch schaden. trifft dies nur dann zu, wenn schulgefühle bei ihr oder bei ihm aufkommen und diese nicht gemäß ihrer darlegung aufgearbeitet werden ?
habe noch eine ergänzende frage: ist für die betreffenden prinzipiell eine begrüßung und verabschiedung von einem abgetriebenen kind erforderlich, damit es für sie oder für z.b. nachfolgende geborene geschwisterkiinder zu keinen verstrickungen kommen kann.... quasi auch als eine art vorbeugende maßnahme... ? ... und ich bedanke mich für ihre bisherigen informativen feedbacks.. ! :)
ja so hab ich das immer wieder gefunden. eine alte erfahrung sagt: wenn eheleute ein verlorenes kind nicht gemeinsam betrauern können, dann trennt sie das bisweilen. das scheint auch für ein abgetriebenes kind zu gelten. hellinger irrt gelegentlich, auch dann wenn er meint, dass abgetrieben kinder für die geschwister keine wirkung haben. nach meinen erfahrungen haben sie gravierende auswirkungen! häufig kommt die frage: muss ich dann meinem kind von einer abtreibung informieren? meine antwort: solange sie selbst das kind nicht verabschiedet haben, noch schuldgefühle haben, wird das kind sie trösten und sagen : das ist doch nicht so schlimm - und damit wird das kind zum komplizen der abtreibung! wenn die mutter das abgetriebene kind verabschiedet hat, kann sie - beiläufig, ohne drama - von dem abgetriebenen kind erzählen, für das kein platz war und das doch irgendwie dazu gehört. kinder spüren oft, dass da noch ein anderes kind da war, und wenn die mutter - erschrocken - dem kind diese wahrnehmung ausreden will, statt sie nüchtern-unschuldig zu bestätigen, hat das für das kind und sein vertrauen in seine eigene wahrnehmung negative folgen. gruss lz
Gerne möchte ich auch etwas anfügen, da ich das nachfolgende Kind einer Abtreibung vor mir war. Diese hat mich mein Leben lang beeinflusst. Ich hatte immer das Gefühl, daß ich nicht glücklich sein darf. Meine Mutter hatte ich mein Leben lang darauf angesprochen (44 lange Jahre), ob es noch ein Geschwisterkind gab, was sie immer verneint hatte bis nach einer Aufstellung bei Ero und meiner nochmaligen nachhaltigen Frage danach. Hierbei meinte meine Mutter dann ganz bestürzt, daß es tatsächlich eine Abtreibung vor mir gab, 3 Monate vorher und daß sie eigentlich auch mich nicht gewollt hatte, aber sich dann doch für mich entschieden hat. Deswegen kann ich ausdrücklich bejahen, was Eros gesagt hat, daß Abtreibungen einen Einfluss auf Geschwister haben. Da meine Mutter selbst nie eine Aufstellung machen würde, habe ich dieses Thema für mich bearbeitet und ich denke es hat sich sehr viel für mich dadurch entwickelt.