ich bin neu hier, jedoch langjährige eingetragene Empfängerin und Leserin der Seiten von Ero Langlotz. So verfolge ich das Thema und die herangehensweise seit vielen jahren interessiert, hatte jedoch noch nicht die Möglichkeit persönlich an einer Aufstellunge/einem Seminar teilzunehmen, was ich sehr schade finde.
Nachfolgend eine Frage von mir, die sich mir in zunehmendem Maße stellt. Ich hatte Sie zunächst als Leserbrief persönlich an Herrn Langlotz geschrieben. Er hat mich jedoch dazu ermutigt die Frage hier öffentlich zu stellen. Eine gute Idee :-)
"..." "Trotzdem beschäftige ich mich mal mehr mal weniger intensiv mit der Thematik Symbiose/Überabgrenzung und gehe meinem Lebensweg in der Hoffnung irgendwann eine echte, gesunde Autonomie leben zu können. In meiner eigenen kleinen Familie gelingt mir dieses teilweise recht gut :-)
Ein Umstand macht mich mittlerweile jedoch wirklich wütend. Und deshalb würde ich genau an diesem Punkt gerne eine große Warnung finden!!!! Sozusagen beigefügt als Beipackzettel einer Behandlung ;-)
Es beschäftigen sich mittlerweile viele (studierte und selbsternannte) Experten mit dem Thema Abgrenzung. Oft gilt das unausgesprochene Versprechen: "grenze Dich gesund ab und alles wird gut (oder zumindest deutlich besser;-) Auch in Ihren Texten scheint dieses Heilsversprechen oft durch, wenngleich ich Ihre Arbeit dennoch als sehr ausgewogen empfinde (siehe letztes Newsletter Thema Abgrenzung und Gegenabgrenzung :-)
Bei mir wurde nämlich mit einer gesunden Abgrenzung (ob durch Aufstellungen oder Psycotherapien erlernt/erreicht) alles viel viel schlimmer. Ich möchte mich sogar in die Aussage versteigen, dass für Menschen, die aus extrem symbiotisch funktionierenden Familiengefügen stammen, nichts besser wird!
Meine Mutter ist stark narzisstisch geprägt. Sie regiert die Familie, mein Vater ist bestenfalls als Ihre Marionette zu bezeichnen.
Mich hat ein gesundes (mühsam über viele Jahre erlerntes) Abgrenzungsverhalten von meiner kompletten Familie und meinen Geschwistern getrennt. Die Einsamkeit, die folgte, war für mich lebensbedrohlich. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, doch die totale Ignoranz, die ich von meinen Eltern als Erziehungsmittel und später als gut funktionierendes Kontrollmittel mit bestem Erfolg praktiziert würde, gilt für mich als ebenso verdammungswürdig, wie Mißbrauch oder körperliche Gewalt. Vielmehr ist körperliche Gewalt eindeutig. Die totale Kontaktverweigerung, die ich erlebt habe, konnte ich erst in meinen 40er Jahren als das einordnen, was es war....
Kein Therapeut hat mir mit dieser Hölle umgehen helfen können. Mir wurde schlichtweg nicht geglaubt, bzw. wurde ich als eindeutig mitschuldig dargestellt. Dabei wollte ich doch nur Ich sein...... Das Trauma, das in mir durch diese totale Kontaktverweigerung (plus einiger Aktionen seitens meiner Mutter , die mich finzaniell und auch gesellschaftlich schädigen sollten und dieses auch getan haben) macht es mir nach wie vor sehr schwer, mit "fremden" Menschen in Kontakt zu treten. Die Angst ist riesig!!!!
Lange Rede - kurzer Sinn.... wenn ich meinen Mann in dieser Zeit nicht gehabt hätte, würde ich jetzt vermutlich nicht mehr leben. Und auch diese Beziehung ist fast zerbrochen...
Es war mir ein Anliegen Ihnen von diesen Erfahrungen zu berichten :-) Einen Ausweg aus diesem Dilemma?.... Stattdessen weiter in sehr ungesunden Symbiosemustern zu verharren???? Ich weiß es nicht. Mich hat dieser Ausstieg an den Rande des erträglichen und in vielen Nächten eindeutig darüber hinaus gebracht. Leben ist schützenswürdig und manchmal auch ein symbiotisch gelebtes Leben. In jedem Falle würde ich mir gerade von ausgebildeten Therapeuten sehr viel mehr Fingerspitzengefühl und Achtung wünschen. Ich habe zumindest noch keinen getroffen ;-)
"..."
Ich freue mich sehr über Meinungen und Erfahrungen!!!
"..." "Trotzdem beschäftige ich mich mal mehr mal weniger intensiv mit der Thematik Symbiose/Überabgrenzung und gehe meinem Lebensweg in der Hoffnung irgendwann eine echte, gesunde Autonomie leben zu können. In meiner eigenen kleinen Familie gelingt mir dieses teilweise recht gut :-)
Ein Umstand macht mich mittlerweile jedoch wirklich wütend. Und deshalb würde ich genau an diesem Punkt gerne eine große Warnung finden!!!! Sozusagen beigefügt als Beipackzettel einer Behandlung ;-)
Es beschäftigen sich mittlerweile viele (studierte und selbsternannte) Experten mit dem Thema Abgrenzung. Oft gilt das unausgesprochene Versprechen: "grenze Dich gesund ab und alles wird gut (oder zumindest deutlich besser;-) . überabgrenzung wird oft mit abgrenzung verwechselt. überabgrenzung ist rigide, starr. sie kann vielleicht das überleben ermöglichen - bei sehr destruktiven eltern - aber sie bedeutet noch nicht die lösung eines symbiosemusters, sie erschwert tatsächlich eine beziehung. Auch in Ihren Texten scheint dieses Heilsversprechen oft durch, wenngleich ich Ihre Arbeit dennoch als sehr ausgewogen empfinde (siehe letztes Newsletter Thema Abgrenzung und Gegenabgrenzung :-)
Bei mir wurde nämlich mit einer gesunden Abgrenzung (ob durch Aufstellungen oder Psycotherapien erlernt/erreicht) alles viel viel schlimmer. das ist eben die entscheidende frage: ist das wirklich "gesundes abgrenzung"?
Ich möchte mich sogar in die Aussage versteigen, dass für Menschen, die aus extrem symbiotisch funktionierenden Familiengefügen stammen, nichts besser wird!
Meine Mutter ist stark narzisstisch geprägt. Sie regiert die Familie, mein Vater ist bestenfalls als Ihre Marionette zu bezeichnen.
Mich hat ein gesundes (mühsam über viele Jahre erlerntes) Abgrenzungsverhalten von meiner kompletten Familie und meinen Geschwistern getrennt. [i]bei sehr destruktiven bzw. verwirrenden eltern kann ein völliger kontaktabbruch bisweilen akut lebensrettend sein. entsprechend dem klärungssatz: "ich achte das leben, dass ich durch dich habe, indem ich es schütze. und ich schütze es auch vor dir."[/i] Die Einsamkeit, die folgte, war für mich lebensbedrohlich. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, doch die totale Ignoranz, die ich von meinen Eltern als Erziehungsmittel und später als gut funktionierendes Kontrollmittel mit bestem Erfolg praktiziert würde, gilt für mich als ebenso verdammungswürdig, wie Mißbrauch oder körperliche Gewalt. Vielmehr ist körperliche Gewalt eindeutig. Die totale Kontaktverweigerung, die ich erlebt habe, konnte ich erst in meinen 40er Jahren als das einordnen, was es war.... das ist schweres trauma, da braucht es eine traumatherapie - oder systemische selbst-integration.[/i]
Kein Therapeut hat mir mit dieser Hölle umgehen helfen können. Mir wurde schlichtweg nicht geglaubt, bzw. wurde ich als eindeutig mitschuldig dargestellt. Dabei wollte ich doch nur Ich sein...... Das Trauma, das in mir durch diese totale Kontaktverweigerung (plus einiger Aktionen seitens meiner Mutter , die mich finzaniell und auch gesellschaftlich schädigen sollten und dieses auch getan haben) macht es mir nach wie vor sehr schwer, mit "fremden" Menschen in Kontakt zu treten. Die Angst ist riesig!!!! [i]manche therapeuten kennen sich da nicht aus und wollen einen zu versöhnung mit den traumatisierenden eltern bringen.aber das ist wie erneutes trauma. erst geht es um die versöhnung mit sich selbst, mit den eigenen abgespaltenen selbstanteilen, und um das in besitz nehmen des eigenen raumes.
Lange Rede - kurzer Sinn.... wenn ich meinen Mann in dieser Zeit nicht gehabt hätte, würde ich jetzt vermutlich nicht mehr leben. Und auch diese Beziehung ist fast zerbrochen...
Es war mir ein Anliegen Ihnen von diesen Erfahrungen zu berichten :-) Einen Ausweg aus diesem Dilemma?.... Stattdessen weiter in sehr ungesunden Symbiosemustern zu verharren???? Ich weiß es nicht. Mich hat dieser Ausstieg an den Rande des erträglichen und in vielen Nächten eindeutig darüber hinaus gebracht. Leben ist schützenswürdig und manchmal auch ein symbiotisch gelebtes Leben.[i]das sehe ich auch so, menschen die aufgrund eines schweren traumas im "symbiosemodus" sind, können gar nicht anders, als eine symbiotische beziehung leben[/i] In jedem Falle würde ich mir gerade von ausgebildeten Therapeuten sehr viel mehr Fingerspitzengefühl und Achtung wünschen. Ich habe zumindest noch keinen getroffen ;-) ich hoffe es gibt bald immer mehr! liebe grüsse ero
Liebe Mara, vielen Dank für Deine offene Mitteilung. Ich stelle mir vor, dass Du eine Menge Mut aufgebracht hast, Deine echten, mit unbequemen Gefühlen verbundenen Erfahrungen zu beschreiben. Bei mir kommt auch an, dass Du eine Menge Kraft hast und Geduld, Deinen Prozess zu erforschen. Hut ab! vor Deinen eigenen Schlüssen, die Du ziehst und hier ausdrückst. Mir persönlich war und ist die Symbiosetherapie sehr hilfreich, um meine Traumata zu behandeln und mehr und mehr zu heilen und um anderen Menschen dabei dienlich zu sein, in ihre Würde und Selbstbestimmung zu wachsen. Meiner Erfahrung nach ist es tatsächlich immer auch ein Risiko, sich auf eine therapeutische Situation einzulassen, denn so ganz wissen wir nie, was uns erwartet: sowohl an Gefühlen und Reaktionen aus unserem Inneren als auch an Hilfestellung und Klärung von Aussen. Aber dieses Wagnis einzugehen, heisst auch, einen mutigen Schritt zu sich sebst zu tun, die Abenteuerin in sich zu erlauben, selber zu entscheiden - aus dem Wissen der eigenen Stärke wie auch der eigenen Verwundbarkeit heraus. Sich das herauszunehmen, sich dem zu stellen, halte ich für so so wertvoll für einen selbstbestimmten, heilsamen Lebensweg. Ich glaube, das Kennzeichen einer "gesunden" Grenze ist, dass sie paradox wirkt: zum einen gewährt sie uns die Möglichkeit, ganz, vollständig in unserem eigenen Raum zu sein, so dass wir uns tatsächlich geschützt und geborgen fühlen können, unabhängig von anderen. Gleichzeitig ermöglicht sie Kontakt, Berührung und Austausch. Nach meinem Verständnis ist eine gesunde Grenze so etwas wie PRÄSENZ: Ich bin dann bewusst da, erlebe, spüre mich selbst, emp-finde SELBST-Liebe - im Gewahren meines körperlichen Da-Seins, meines Raumes - und bin SELBST-verständlich in der Lage zu unterscheiden zwischen mir und meinem Gegenüber. Und wenn der Fluss der Liebe an dieser bewussten (= gesunden) Grenze gelingt, verwandelt sich meine SELBST-Liebe wie von SELBST in Nächstenliebe. Meine persönliche Erfahrung mit meinen "nicht sehr präsenten" Eltern hat mich in Gefühle von tiefem Unglück, Einsamkeit, Wert- und Sinnlosigkeit gestürzt. Mein heilerischer Weg ist so für mich ein Not-wendiger Selber-bewusst-seins-Weg geworden, d. h. den Schmerz, das Leid, das ich durch "Ignoranz", "Nicht-Achtung" erfahren habe, ist mir zum Motor geworden für mein unermüdliches Suchen nach "bewusst, aufmerksam, achtsam sein" geworden. Diesen Prozess empfinde ich mittlerweile als so spannend, lehrreich, überraschend, kreativ und heilsam, dass ich aufhören kann, mich als Opfer zu fühlen und in der Lage bin, mein Leben in seiner Lebendigkeit und Sinnhaftigkeit, einfach, weil es ist, bedingungslos, voll und ganz anzunehmen. Ohne die leidvollen Erfahrungen mit meinen Eltern, wäre ich vielleicht nie auf die Idee gekommen, dass ich es selbst übernehmen kann/muss, nach der unabhängigen Liebe, Schönheit und Kraft in mir zu schauen. Irgendwie paradox, aber auch ganz schön logisch. Viel Freude Dir weiterhin beim Ent-Wickeln und Ausdrücken Deiner Selberpower und alles Liebe von Rita Weininger
Hallo Mara, ja, auch ich sehe einige Gefahren und betrachte die Symbiotiker inzwischen als unsere "älteren Geschwister". Das Leben auf unserem Planeten hat für uns Menschen in Symbiosen begonnen und war nur so möglich. Es war unabdingbar zusammen zu halten um erfolgreich zu überleben. Ich sehe überall Symbiosen und betrachte sie inzwischen als das Standardmodell unseres Lebens. Selbstintegriert zu sein ist für mich eine Form von Luxus, die vorwiegend in unserer westliche freie Lebensweise möglich ist. Mir ist in diesen knapp 3 Jahren seit meiner ersten SSI-Aufstellung klar geworden, dass wir allen Menschen mit größter Achtung entgegentreten sollten, egal ob sie in Symbiosen oder "autonom" leben. Der Satz bei der Steinübergabe: "Das ist dein Schicksal und du trägst es auf deine Weise" hilft mir sehr die Wertschätzung für jedwedes Gegenüber aufzubringen und meine Autonomie mit Leichtigkeit und freundlichen Blickkontakten zu leben. Regine Rudat-Krebs
Wahrscheinlich kennen wir alle diese Überabgrenzer. Was Mara geschrieben hat, erinnerte mich auch sehr an mich. Ja, ich kenne das, ja, auch bei mir wurde es schlimmer – aber das ist normal! Nach jeder Aufstellung, jeder kinesiologischen Sitzung fingen meine Eltern an zu "beißen", obwohl sie doch gar nicht wussten, dass ich "was mache". Aber es wirkt! Energetisch kommt das an – und das ist gut so. Zum Beispiel wurde es mit anderen Leuten plötzlich einfacher.
Leben wir in der Komfortzone, bewegen wir uns nicht, verändern wir uns nicht. Wir verändern uns nur, wenn es weh tut, wenn eine Krise da ist. Wir wollen, dass der Schmerz aufhört. Symptomsucher wollen Skalpell oder Pille, Ursachensucher gehen auf die Pirsch ins Unterholz des Waldes, den Nazim Hikmet beschreibt (siehe Startseite Langlotz). Dabei können nur wir selbst uns ändern. Wir können nie die anderen ändern. Aber: Indem wir uns verändern, verändern wir die andern automatisch mit. Das darf ich nach bald 20 Jahren Arbeit an mir selbst auf der Suche nach meinen Anteilen, die überall herumlagen/liegen, behaupten. Dafür brauche ich keine empirische Untersuchung, die alle möglichen Parameter aussondert, weil es sonst zu komplex ist. Das Leben IST komplex. Systeme SIND komplex. Und schraubst Du an einer Schraube, ändert sich alles. Vielleicht nicht sofort. Aber auf jeden Fall.
Ich habe meine Eltern 2005 aus dem Haus geworfen. 2010 kam ich hinter dem Rücken meiner Mutter in Frieden mit meinem Vater und er mit mir. Er starb wenige Monate später. Seit 2012 (sieben Jahre später) kam ich in Frieden mit meiner Mutter – wohlgemerkt: Ich mit ihr, nicht andersherum. Seit Januar diesen Jahres ist komplett Frieden. Ich habe das Gefühl, dass sie sich keinen Deut geändert hat. Aber ich agiere und reagiere anders. Ich gehe nicht mehr in Resonanz mit all dem, was mich früher z.B. auf die Palme brachte.
Für mich ist gesunde Abgrenzung, stets achtsam die Resonanz zum anderen wahrzunehmen. Positiv? Negativ? Neutral? Aber das sind nur drei Nuancen, es ist ja – auch hier – viel komplexer.
Die energetische Verbindung, das Hin und Her der Energien, der Resonanzen, die Klarheit dabei (woher kommen die Resonanzen eigentlich: aus meinem eigenen Raum? oder schwinge ich noch irgendwo, wo ich gar nicht hingehöre?), das ist für mich gesunde Abgrenzung. Bei mir bleiben können und sozusagen auf meinem Instrument kompeltt spielen können (nicht nur auf einer müden Saite mit vier Fingern).
Die positive Form von Symbiose (aus der wir alle kommen, ja!) ist für mich Empathie. So viel Symbiose ist gut: Wenn Empathie gelingt. Aber auch das ist eigentlich Resonanz.
Also letztlich so, wie Mikis Theodorakis es schrieb: Es geht um das Eins-Sein mit der "kosmischen Harmonie". Gelebte Mystik, das Sein im All-Einen.
Herr Langlotz schreibt in seinem Text http://www.e-r-langlotz.de/systemische_f...=491&textrub=32: "Problematisch scheint mir als Psychotherapeut, dass die Vorstellungen von der „Illusion eines Selbst“ von westlichen Buddhismus-Schülern häufig so misserstanden werden, dass sie ihre eigene symbiotische Unabgegrenztheit mit einer Art spirituellen Ungetrenntseins, mit einer Vorform von Erleuchtung verwechseln. Und dass sie das Fehlen eines „Selbst“ und des damit verbundenen (gesunden) Egoismus bereits für die Überwindung des Selbst halten. Dass sie ihre fehlende – unterdrückte – Aggression bereits für bedingungslose Liebe und ihr unabgegrenztes Mitleiden bereits für Mitgefühl halten."
Genau. Dabei geht es bei "Erleuchtung" – also im wahrsten Sinne des Wortes "Strahlen können"/glücklich sein/begdingungslos lieben können etc. – doch genau darum: Überhaupt man selbst zu sein. Integriert. Ganz. Dann funktioniert die Resonanz, das "erleuchtet" und "erfüllt sein" komplett. Ob ich das schon zu wirklich 100% und vor allem in jeder Situation und mit jedem Menschen kann, wage ich zu bezweifeln, aber ich merke ja, dass es voran geht, und das heißt leben und sich entwickeln und dies auch an die eigenen Kinder weitergeben: Es gibt für alles eine Lösung. Es gibt die Möglichkeit, Fehler nicht noch mal zu machen, alte Muster zu lösen, Neues zu schöpfen.
Selbst sein, integriert, das ist metaphorisch wie eine Gambe – zum Beispiel, aber wegen Herrn Langlotz nehme ich mal dieses von mir ebenfalls hochgeschätzte Instrument, auch wegen seines archaischen Klangs.
Eine Gambe kann nur von einem zur Zeit gespielt werden. Sie klingt nur, wenn sie ganz ist (vielleicht auch mit ein paar Rissen, warum nicht :-). Sie kann in Resonanz gehen mit der Welt, anderen Instrumenten, Menschen und ihren Ohren und Herzen. Klingt seicht? Naja, eine Gambe klingt, find ich, nie seicht. Aber für mich ist dieses Instrument eine schöne Metapher für gelungene bzw. nach und nach gelingende systemische Selbstintegration (Anekdote: Dieses Bild hatte ich schon, bevor ich gelesen habe, dass Herr Langlotz Gambe spielt :-)
Beziehungsfeindliches Abgrenzen wird uns immer wieder begegnen. Es ist die Frage, wie wir damit umgehen. Verhalten wir uns symbiotisch, wird es ins Auge gehen. Davon habe ich die Nase voll. Ich mache es jetzt anders – achte auf die Resonanzen, löse blockierende Muster – und erlebe Wunder über Wunder.
Mein Mann hat mir auf meine Nachfrage hin zwei Texte von Theodorakis geschickt, die ich vorhin im Sinn hatte, ich setze sie noch dazu.
Unser Leben hatte einmal einen natürlichen Rhythmus, den haben wir verloren. Wir versinken in ungeheuren Geldbewegungen und einem Bombardement von Informationen, wir verlieren und vergessen unsere Menschlichkeit, unser Menschsein. Dabei haben wir Hunger auf echte Harmonie – nicht auf solche, die als Illusion daherkommt. Wir sehen uns einer Kultivierung von Illusion gegenüber. Die Menschen sollten daher lernen, der Disharmonie entgegenzutreten und falsche Harmonie zu erkennen. Und an die Politik gerichtet: Es ist äußerst gefährlich, Situationen falscher Harmonie zu erzeugen. PF 85 (Gespräch über Liebe und Harmonie 2006)
Musik ist eine Brücke, sie drückt den Wunsch des Menschen nach Gesellschaft aus. Menschen leben in völlig unterschiedlichen, oft weit voneinander entfernten Gegenden, Ländern und Kontinenten; die weitaus größte Zahl von ihnen wird sich nie kennenlernen, nie miteinander sprechen können, wenig voneinander wissen. Aber genau diese Menschen können die gleiche Musik hören und lieben. Das ist etwas, was sie miteinander verbindet. Wir haben Tausende solcher Brücke; die Musik ist nur eine davon. Leider gibt es auch Brücken, die nicht beschritten werden. Warum? Man weiß es manchmal nicht, die Leute wollen einfach nicht. Doch schon immer waren einige herausragende Persönlichkeiten – Philosophen, Musiker, Maler, Schriftsteller -- mit ihrer wichtigen Stimme sozusagen die „einheitliche Währung“ menschlicher Kultur und Kommunikation. PF 85 (Gespräch über Liebe und Harmonie 2006)